Regional unterwegs – Die Neuenburg – Rettung und Erhaltung

20. Dezember 2013, 14:33 Uhr,

Die Neuenburg liegt hoch über der Unstrut, Weinberge und das Freyburg überblickend. Wir waren 2 Tage zu Gast und möchten in Euch mit dem folgenden Artikel die Entdeckerlust wecken.


Regional unterwegs – Die Neuenburg – Rettung und Erhaltung

Im zweiten Teil unseres Artikels möchten wir uns der Vereinsarbeit und den verschiedenen Aktionen und Veranstaltungen zuwenden, welche die Neuenburg eben nicht nur für den typischen Museumsbesucher oder Burgerkunder interessant macht. Knüpfen wir also nahtlos daran an. 

Ein ausgedehnter Museumsrundgang stellt nicht nur die Neugier zufrieden und macht Spaß, sondern selbstverständlich auch Hunger. Zum Glück muss man nicht weit laufen, um eben diesen gestillt zu bekommen. Über der ehemaligen Remise (einem Unterstand für Kutschen) sitzt man sehr gemütlich, je nach Witterung drin oder draußen und kann es sich so richtig gut gehen lassen. Falk Gast (welch passender Name) bemüht sich das hungrige Volk in seiner Burgwirtschaft zufriedenzustellen, was Ihm in unserem Falle auch bestens gelang. Die Gerichte haben urige Namen und schmecken auch so: einfach, reichlich, lecker. Interessanterweise finden sich in den Mauern der Neuenburg noch einige weitere Räumlichkeiten, welche gastronomisch genutzt werden (können). Von Hochzeit bis Ritteressen ist alles machbar, stets im passendem Ambiente. Gut gesättigt brachen wir am frühen Abend Richtung Stadt auf.

 

Montalbâne

Da sich Rene Matthes mittlerweile zu uns gesellt hatte, erreichten wir gemeinsam die Stadtkirche St. Marien, in welcher das Abschlusskonzert von montalbâne 2013 stattfinden würde. Als Berichterstatter hatten wir den großen Vorteil, diesem ohne Eintritt beiwohnen zu können, auf regulärem Weg hätte es sowieso keine Karten mehr gegeben. Dieser Umstand liegt ganz einfach in der Tatsache begründet, dass die Kirche zwar nicht wirklich klein oder eng zu nennen ist, aber dennoch eine überschaubare Größe aufweist. Dies sorgt dafür, dass man auch noch auf dem letzten Platz dank guter Akustik alles hört, einen direkten Blick auf die Bühne (vorm Altar) hat und mehr Clubatmosphäre erlebt, als die eines Massenkonzerts. Nur 2200 Tickets standen für das komplette Wochenende zur Verfügung, wer also 2014 selbst zu Gast sein möchte, muss auch diesmal schnell sein. In einem Seitengang konnte man einheimische Tröpfchen verkosten und somit gleichermaßen Wein und Musik genießen. Wir bemerkten schnell, dass sich hier ein besonderes Publikum versammelt hatte, Liebhaber mittelalterlicher Musik, welche ebenso wie die Musikanten in vielen Sprachen kommunizierten und einander oftmals kannten. Es galt wohl ein wenig: „Einmal Fan, immer Fan.“.

Die „Internationalen Tage der mittelalterlichen Musik“ fanden bereits zum 23. Mal statt und widmen sich stets einem anderen Hauptthema. Diesmal stand Spanien im Mittelpunkt. Gerade weil sich in Iberien europäische und orientalische Einflüsse misch(t)en, waren die angesetzten 9 Konzerte sehr abwechslungsreich. Neben der Stadtkirche war die Doppelkapelle auf dem Schloss Veranstaltungsort. Besonders atmosphärisch war sicherlich das Mitternachtskonzert, welches Sonntag ab 0 Uhr stattfand. Für selbiges waren wir aber zu spät vor Ort, beim Nachmittagskonzert noch im Schloss unterwegs, ergo blieb für uns nur eine einzige Aufführung übrig.

Die künstlerische Leiterin des Festivals war und ist Susanne Ansorg, welcher man während der Aufführung Ihre Begeisterung und Freude an der gehörten Musik deutlich ansah. Nachdem auch der letzte Platz restlos besetzt war und einige einleitende Worte gefallen waren, schritt das sehr gemischte Ensemble zur Bühne. Ian Harrison, Gesine Bänfner & Amigos würden Lieder und Tänze aus Galizien, Kastilien und Aragon darbieten. In den folgenden knapp anderthalb Stunden brachte das Quintett ein wahres Feuerwerk dar. Wir hätten nie vermutet, dass mittelalterliche Musik, abseits vom Jahrmarkt und getragen von traditionellen Dudelsäcken, derart unterhaltsam und mitreißend sein kann. Das Publikum klatschte, pfiff und stampfte, rief lautstark nach Zugaben und spendete langanhaltenden Beifall. Für uns ein Besuch der sich wirklich lohnte und zeigt, dass man sich Neuem gegenüber aufgeschlossen zeigen sollte.

Dicker Wilhelm

Zufrieden und mit dem Gefühl etwas Tolles erlebt zu haben, verabschiedeten wir uns für diesen Tag von Rene und machten uns auf den Rückweg. Dieser sollte bewusst zu Fuß und parallel zur Unstrut erfolgen. In einem großen Bogen, den Haineberg umrundend, erreicht man wieder das Schloss, perfekt für einen abendlichen Spaziergang.

Das Wetter meinte es wirklich gut mit uns, denn die Sonne stand genau richtig, beschien die Weinberge und tauchte alles in ein ganz besonderes Licht. Kein Wunder, dass Thomas Foto um Foto schoss. Schräg überm herzöglichen Weinberg passte sich die Neuenburg bestens ins Bild ein. In den Ehraubergen liegt sehr idyllisch das Hotel Rebschule, besonders hübsch durch die vielen Arkaden, unter denen man bestens sitzen und in die Landschaft schauen kann. Am Horizont zeichnen sich dutzende von Windkraftanlagen ab, die Gegend scheint wie geschaffen dafür zu sein.

Eine schmale Straße führt schließlich wieder zur Neuenburg zurück und vor allem der Dicke Wilhelm, jener letzte noch stehende Bergfried, grüßt einen bereits von weitem. Bis wir dort ankamen, hatte sich die Sonne bereits zurückgezogen und präsentierte uns mit der schattenhafte Silhouette des Turms ein absolutes Traumbild. Von der Terrasse der Ferienwohnung aus hatten wir ebenfalls einen tollen Blick: hinter uns die angestrahlte Burg, vor uns das langsam in Dunkelheit versinkende Tal.  

Schlafen ließ es sich phantastisch, die Betten sind bequem, es herrscht absolute Ruhe und man kann die ersten Strahlen der Morgensonne erneut auf der Terrasse genießen. Erwähnte ich schon die tolle Lage des Jägerhauses?

Am nächsten Tag wollten wir den am Abend noch verschlossenen Turm besichtigen. Offiziell ist Montags geschlossen, daher genossen wir eine exclusive Privatführung. Nur begleitet von einem Sicherheitsmann und Hr. Matthes bestiegen wir alle 5 Etagen, welche komplett ausgebaut und als Nutzfläche hergerichtet sind. „Kanonendonner über Freyburg“ nannte sich die Ausstellung über die Kriegswirren nach der Völkerschlacht 1813. Die Stücke kommen aus dem eigenen Fundus des Vereins bzw. der Landesstiftung. Gezeigt werden Waffen, Uniformen, Schriftstücke usw. der sich zurückziehenden napoleonischen Truppen. Als Mittelpunkt dient das Diorama von Dominik Adrian, welches als Momentaufnahme den Übergang über die Unstrut darstellt. Das oberste Geschoß muss über die unterschiedlichsten Treppen erreicht werden, mal eng, mal breit, mal besonders steil. Insgesamt hat man 120 Stufen vor sich, kann dann aber von Dachgeschossfenstern aus die komplette Burganlage betrachten. Zu sehen gibt es auch das sanierte Gebälk und das Räderwerk der Turmuhr.

 

Verein zur Rettung und Erhaltung der Neuenburg e.V.

1990 fanden sich interessierte und vor allem engagierte Bürger zusammen um ihre Neuenburg vor dem drohenden Verfall zu retten. Dieser war bereits sehr weit fortgeschritten, denn bereits im Sommer des Vorjahres verwüstete ein Brand große Dachflächen. Um das Schloss, zu dieser Zeit ungenutzt und verschlossen, zu betreten, „stürmte“ man das Burgtor und konnte erst dann das ganze Ausmaß der Schäden beurteilen. Seither hat sich die Mitgliedszahl auf 200 erhöht und für die Stadt sprang 1996 der Verein als Träger des Museums ein. Rene Matthes ist selbst seit 1999 dabei, war Vorstandsmitglied, Schatzmeister und ab 2010 1. Vorstand & Geschäftsführer.

In den vergangenen Jahren wurden die komplette Kernburg und der Bergfried aufwendig saniert. Als nächstes folgen die Bereiche der Vorburg, meist ehemalige Wirtschaftsgebäude. Um Ihr Schloss zu vermarkten und bekannt zu machen, beteiligte man sich am Marketing und stellte ein gesamtheitliches Konzept für Stadt & Burg vor. Nachgedacht wurde über Dinge wie Transferfahrten, Schmalspur-, Weinbergs- oder (zum Glück nie realisiert) Seilbahn vom anderen Flussufer aus. Die Neuenburg hat Ihr eigenes Maskottchen „Dicker Wilhelm“, welches dem Turm auch erkennbar ähnelt. Regelmäßig lädt man zu SSV-Angeboten ein, wobei hier SSV für „Sehen, Schmecken, Verkosten“ steht. Passend dazu kann man auch jedes Jahr im Sommer zum Domänenmarkt gehen. Damit knüpft man an die wirtschaftliche Nutzung der Vorburg an, wo das Markttreiben auch stattfindet. Dieses Gesamtangebot an regionalen Angeboten, Musik, Tanz und Kultur wurde vor 3 Jahren bewusst als Gegenpool zu den von fast jeder anderen Burganlage initiierten Mittelalterspektakeln gesetzt. Man möchte eben nicht beliebig sein, sondern sich an der Historie und der Region ausrichten. Eine gute Idee, wie ich finde.

2010 wurde die ehrenamtliche Arbeit des Vereins mit dem Wenzelspreis von Naumburger Tageblatt & Mitteldeutsche Zeitung geehrt. Beim „Remisentreff“ finden sich die Mitglieder monatlich zusammen, lauschen Vorträgen + Lesungen, diskutieren über regionale Anliegen, stellen Ihre Arbeit allen neu hinzugekommenen vor und essen gemeinsam in entspanntem Klima. Natürlich finden auch Vereinsfahrten statt, 2014 z.B. geht es in die Sächsische Schweiz.

 

Museumsladen

Kurz bevor wir am späten Nachmittag, bis oben hin voll mit neuem Wissen, fotogefüllten Speicherkarten und vielen Eindrücken, die Neuenburg verließen, statteten wir dem Museumsladen einen Besuch ab. Dieser hat direkt neben dem Löwentor sein Domizil gefunden und bietet auf wenig Fläche doch ein erstaunliches Angebot. Zwischen Wein und Sekt der Region, Kunsthandwerkliches und Souveniers, Spielwaren mit Bezug aufs Mittelalter wie z.B. den unvermeidlichen und allseits beliebten Holzschwertern + Schilden sowie gut sortierte Fach- und auch Kinderbüchern kann man wählen.

Ganz ohne Mitbringsel ging es auch bei uns nicht, und so fand der gelungene Comic „Geschichten von der Neuenburg“ seinen Platz in unseren Rucksäcken.

Fazit

Die Neuenburg ist ein Gesamterlebnis: Kultur, Historie, Genuss, Unterhaltung und Musik finden sich hinter den dicken Mauern. Auch das Städtchen Freyburg und die Umgebung laden zum erkunden ein. Wir waren gern zu Gast und kommen sicher bald wieder.


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