Mit Rucksack & Kamera – 3 Tage Elbsandstein – Mittendrin

2. August 2013, 08:25 Uhr,

Unterwegs im wohl schönsten und felsigsten Wandergebiet Deutschlands, der Sächsischen Schweiz.


Mit Rucksack & Kamera – 3 Tage Elbsandstein – Mittendrin

Weiter geht’s mit dem nächsten Teil unserer kurzen Artikelreihe. Wem bereits der Auftakt gefallen hat, der bekommt diesmal noch mehr Elbsandsteingebirge geboten, denn wir waren einen ganzen Tag, bis tief in die Nacht hinein, unterwegs.

Nach einer erstaunlich ruhigen Nacht, in der man nichts außer dem Rauschen des Wassers und dem morgendlichen Gesang der Vögel vernimmt, erwachten wir ausgeruht und voller Tatendrang. Eine erfrischende Dusche wusch auch die letzten Reste der Nacht davon und knusprig aufgebackene Brötchen, Obst, dazu Kaffee/ Tee stärkten uns.

 

Da wir einen vollen Tag zur Verfügung hatten, hatte ich eine schöne Tour geplant, welche uns über Stufen, an Bachläufen entlang, durch Wälder, Höhlen und Grotten bis zur Burg Hohnstein führen würde. Die abwechslungsreiche Strecke mit vielen Aussichtspunkten und besonderen Geländemerkmalen bietet mehr als genug Gelegenheit für Fotografen auf den Auslöser zu drücken. Mit belegten Brötchen & Äpfeln als Proviant, der kompletten Kameraausrüstung, Karte und unseren Stirnlampen im Gepäck machten wir uns kurz nach 11 Uhr auf den Weg. Von „Der frühe Vogel fängt den Wurm“ konnte somit keine Rede mehr sein, aber uns hetzte ja Niemand. Die Morgensonne hatte sich bereits wieder hinter Wolken versteckt und es war diesiger geworden.

 

Der erste Kilometer führt entlang der Straße, vorbei an der einzigen mir bekannten Filzstiefelfabrik und der Einmündung der Sebnitz (wohlgemerkt dem Flüsschen, nicht der Ort). Sobald man die Polenzbrücke überschritten hat, sollte man die Gelegenheit nutzen, den Asphalt zu verlassen und parallel zum „Tiefen Grundbach“ einen Trampelpfad zu begehen. Dieser windet sich abenteuerlich neben dem rauschenden Nass mal hinauf, mal hinab, über Bohlenbrücken und zwischen bemoosten Gesteinsbrocken oder komplett zugewachsenen Stämmen hindurch. Reguliert wurde hier zum Glück wenig und gerade wenn man sich als aufmerksamer Beobachter Zeit nimmt, bieten sich an diesem unscheinbaren Wasserlauf bereits unzählige tolle Motive.

 

Am Aufstieg zum Brand verließen wir das Bächlein, welchem wir alternativ auch noch über Kilometer bis zum Touristencamp Hohnstein hätten folgen können. Das Brandmassiv, vor allem die Brandscheibe und deren beste Aussichtspunkte kann man auf 2 Arten erreichen. Entweder man steigt, so wie wir es taten, von Süden her auf, oder folgt von Hohnstein aus einem Waldweg. Aus nachvollziehbaren Gründen hatten wir uns für die interessantere Route entschieden, die Schwierigkeiten an den Anfang gelegt und stiefelten somit die berühmten Brandstufen empor. Zuerst geht das noch ganz leicht, es gibt Pausen zwischen den einzelnen Abschnitten. Viel zu schnell jedoch ändert sich dies, spätestens, wenn der Weg nach rechts abknickt, denn nun folgt Holzstufe auf Holzstufe. Ebenso schnell spürte ich, dass ich wohl doch etwas öfter an meiner Ausdauer arbeiten sollte, denn das Herz schlug beim strammen Tempo bis zum Hals, der Kreislauf rief „Spinnst Du?!“, während die nie müden Beine nur immer schneller nach oben wollten. Einen kurzen Stopp legten wir zwischen den Felsen noch ein, dann erreichten wir schwitzend und keuchend das Felsplateau. Die rund 700 Stufen machten sich bemerkbar und wir waren in diesem Moment dankbar für das doch eher kühlere Wetter. Die 5 min Weges bis zur Brandbaude ließen uns wieder zu Atem kommen. Auf 317m Höhe findet man hier einen Komplex aus Gaststätte und Wirtschaftsgebäuden vor, welcher in Teilen bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts besteht. Man kann hier übernachten und auch recht gut im Restaurant speisen. Was die Besucher aber vor allem anzieht ist die spektakuläre Aussicht vom „Balkon der Sächsischen Schweiz“. Selbst bei dem nicht optimalen Wetter, welches wir vorfanden, war die Terrasse gut besucht.

 

Weniger gefiel uns, dass die Angestellten, anders als man es z.B. auf dem Lilienstein erlebt hatten, keine Notiz von uns nahmen. Weder fiel eine Begrüßung, noch interessierte man sich sonst wie für uns. Auch auf unser freundliches „Hallo“ gab es keine Antwort, geschweige denn auf den Abschiedsgruß. Man ist doch nicht erst dann Gast oder des Interesses würdig, wenn man am Tisch sitzt, die Karte in der Hand, oder? So verließen wir den Ort wieder ohne Bewirtungsleistungen in Anspruch genommen zu haben. Ursprünglich hatten wir geplant von hier aus durch den Schulzengrund bis zur Waltersdorfer Mühle ab- und von dort z.B. auf dem Neuweg wieder aufzusteigen (rote Markierung). Dummerweise hatte sich Thomas sein Knie verdreht, welches ihn nun auf jedem Schritt daran erinnerte, dass vor allem zu viel „abwärts“ gar nicht so gut sei. Mit einem Wanderstock versehen blieben wir stattdessen auf der Brandstraße (blaue Markierung). Bevor man links in den Räumichtweg (grüne Markierung) abbiegt, sollte man einen Blick in den Forstgraben riskieren. Dieser ist ein tiefer, verwilderter Einschnitt, dicht mit Nadelbäumen bestanden. Entlang der Forstgrabenwand kann man weit in die Tiefe schauen und auch die Hohnsteiner Straße erkennen.

 

Die nächsten Kilometer liefen wir auf bequemen Waldpfaden, ohne anderen Natursuchenden zu begegnen. Interessanter wurde es, als wir die Hochebene beim „Steinbruch“ verließen und dem nun „Halbenweg“ genannten und stets gut ausgeschilderten Wanderweg direkt unterhalb der Felsen folgen konnten. Dieser windet sich die restliche Strecke bis Hohnstein an einigen bekannten Kletterpunkten entlang und bietet immer wieder neue eindrucksvolle Blicke zu dem hoch aufragenden Gestein. Wer sich an dieser Stelle befindet, sollte auf jeden Fall einen Abstecher zum kleinen Kuhstall machen. Wie der Name schon vermuten lässt, erreicht diese Höhle nicht die Dimensionen Ihres Namensvetters, anschauen lohnt aber allemal. Die sonnenabgewandte Seite des sich rund 200m in Richtung Polenztal hinausgeschobenen Felssporns, ist dicht bemoost und oftmals auch richtig nass. Von jeglichen Kletterversuchen sollte man daher tunlichst absehen. Die Höhlung selbst ist eher Durchgang, rund 1,5m hoch und 6-8 breit. Dass hier öfter gebooft wird, zeigt sich an der rußigen Felsdecke. Mittlerweile ist offenes Feuer verboten, frühere Reste findet man aber an vielen Überhängen und Höhungen. Wir hielten uns hier etwas länger auf, weil sich Fotomotiv auf Fotomotiv anbot. Mittlerweile war es halb 4, rein in Kilometern/ Std gerechnet hatten wir uns im Schneckentempo bewegt, dafür aber bereits hunderte Bilder im Kasten.     

 

Um zu klären, wie der Halbenweg zu seinem Namen kam, ging es ohne Rast erst bis zum Kleinen, dann dem Großen Halben, die als kompakte Masse mit hohen Steilwänden aufragen und wo man an schöneren Tagen oftmals Kletterer bei Ihrem Hobby bewundern kann. Bei jedem Wetter einen Abstecher wert und somit auch für uns interessant ist die Gautschgrotte, genau dazwischen liegend. Vom Wanderweg aus erahnt man nicht, welche Dimensionen diese annimmt, je weiter man sich Ihr nähert. Auch wenn es sich dabei erneut um keine „echte“ Höhle handelt, sondern mehr um einen riesigen Überhang handelt, sorgt dieser Ort dennoch bei jedem Erstbesucher für Erstaunen. Von oben tropft ein Rinnsal in ein natürliches Becken und viele Monate im Jahr kann man hier den größten „Eiszapfen“ der Sächsischen Schweiz bewundern. Viele Dutzend Felsbrocken aller Größe liegen sandbedeckt herum und laden vor allem Kinder und Jugendliche zum erklimmen und Verstecke spielen ein. Mit normalen Aufnahmen kann man nicht den Eindruck wiedergeben, der sich dem Besucher bietet. Daher machten wir von verschiedenen Punkten aus Panoramaaufnahmen.

 

Kurz vor 18 Uhr beschlossen wir die noch ausstehende Strecke bis zur Burg in Angriff zu nehmen. Man quert eine kleine Steinbrücke und trifft hernach auf die Reste des Bärengeheges. Der Bärengarten genannte Bereich existiert seit 1609, war für Jagdzwecke angelegt worden und mit einer starken Sandsteinmauer, quer durch den Schindergraben gesichert. Genau an dieser Stelle überraschten uns unerwartet einige Strahlen der Abendsonne, welche sich aber schnell wieder hinter die Wolken zurückzog. Unvermittelt tauchen nun die ersten Häuser Hohnsteins auf und man befindet sich plötzlich inmitten der Kleinstadt. Der Marktplatz ist nur wenige Stufen entfernt und „besticht“ durch eine starke Schräglage (wer hier einmal geparkt hat, wird wissen, was ich meine). Ringsum befinden sich Kirche, Mahnmal, Geschäfte und natürlich diverse Gaststätten. Da uns schon eine Weile der Magen knurrte, lockten deren Angebote sehr. Zuerst aber galt es die Burg zu besichtigen.

 

Befestigungen auf dem  „Hohen Stein“ gibt es bereits Anfang des 14. Jahrhunderts. Seither hat die Anlage viele Umbauten erfahren, so dass sich leider kein klassisches Bild einer mittelalterlichen Burg mehr bietet. Aufgrund der günstigen, einfach abzusichernden Lage brachte man hier lange Zeit Gefangene unter. Ihre schlimmste Zeit erlebte Burg Hohnstein 1933-34, als sie als Konzentrations- und Arbeitslager diente und viele politische Häftlinge zu Tode geschunden wurden oder den Freitod durch Sprung von den Klippen wählten. Diesem dunklen Kapitel sind etliche Tafeln und Ausstellungen gewidmet. Ab 1949 nutzt man den Großteil der Gebäude als Jugendherberge, beliebt u.a. bei vielen Motorradfans, die regelmäßig in und um Hohnstein anzutreffen sind.  Von den ausgedehnten Freiflächen im Burggarten hat man einen guten Blick ins Polenztal, welches hier schon fast Canyon-artig wirkt. Für gute Panoramas war es mittlerweile leider schlicht zu diesig und so ließen wie die alten Gemäuer hinter uns.

 

Dem Knurren unserer Mägen nachgebend kehrten wir in den Ratskeller ein. Hier sitzt man gemütlich in einem hübsch dekorierten Gewölbe. Das Ambiente wirkt etwas urig, das Essen ist reichlich und schmackhaft. Allzulange zu pausieren erlaubten wir uns  nicht, denn der komplette Rückweg lag noch vor uns. An dieser Stelle sollte man einmal erwähnen, dass Hohnstein zwar an eine Buslinie nach Bad Schandau und Pirna angebunden ist, die Linie jedoch nur selten und gleich gar nicht in den späten Nachmittags- oder Abendstunden bedient wird. Wer also wie wir sehr spät im Ort eintrifft, sollte sich eine Übernachtungsmöglichkeit suchen. Für uns galt dies nicht, denn wir hatten vor, plangemäß ins Polenztal abzusteigen und dem Weg entlang des Flüsschens bis zur Unterkunft zu folgen. Gesagt, getan. Kurz nach halb 9 Uhr abends kehrten wir zum Bärengarten zurück, bogen nun aber nach rechts ab, dem Hohnsteiner Bach folgend. An dessen Ufern verläuft ein holpriger Pfad, durchsetzt mit Wurzeln und Steinbrocken, im Hellen sicherlich schön anzuschauen, in der Dämmerung jedoch nicht empfehlenswert. Zum Glück hatten wir unsere Stirnlampen dabei, welche genug Licht für die tiefen Schatten des Schluchtwaldes spendeten. Kurz vor 21 Uhr entstanden hier auch die letzten Fotos, welche wir in fast völliger Dunkelheit machten. Die im Restlicht glitzernden Wasserkaskaden mussten einfach noch unbedingt aufgenommen werden!

 

An der Einmündung des Baches überquerten wir die Polenz. Ab hier wird das Tal deutlich enger und ist nur noch für Fußgänger und Radfahrer passierbar. Der Wanderweg (roter Punkt) ist etwas ganz Besonderes, einzigartig in der Sächsischen Schweiz und weil nur mit kleinen Anstiegen versehen auch im Alter oder für „Sonntagsausflügler“ gut zu bewältigen. Ungestört vom Verkehr durchschreitet man ein tief eingeschnittenes Tal, begleitet vom Gurgeln des Wassers und genießt ungestört die einzigartige Natur eines Engtals. Dieses ist zwischen 50 und 200m breit und auf dem ganzen Weg kann man die aufragenden Felswände bewundern. Nun ja, am Tage zumindest. Der schmale Streifen Himmel lässt nachts naturgemäß noch weniger Licht hineinfallen und ohne unsere Lampen wären wir aufgeschmissen gewesen. Kurze Versuche den Weg im Dunkel zu finden, scheiterten schon nach wenigen Metern. Nachts zu laufen hatte aber auch einige Vorteile. Es war angenehm kühl, noch ruhiger als sonst, wir hatten die ganze Wegbreite für uns und mussten auf keine Radfahrer achten. Außerdem entdeckten wir des Öfteren leuchtende Augen im Dunkel, ein ungewöhnlicher Anblick für uns Stadtmenschen, vor allem, wenn einem diese Augen (ein Fuchs?) am anderen Flussufer folgen.

 

Auf halber Strecke erreichten wir die Waltersdorfer Mühle, welche der späten Stunde geschuldet, ebenfalls im Dunkel lag. Kurz dahinter überquert man erneut die Polenz und setzt seinen Weg auf deren anderen Ufer fort. Mittlerweile bewegten wir uns unterhalb des Brandmassivs, schade, dass wir dies zwar wussten aber nichts davon zu sehen bekamen. Uns der Frinzthalmühle nähernd, einem ehemaligen Gasthaus und jetzigem Betriebsgelände, wurde es plötzlich heller. Eine Flussbiegung später war der Grund entdeckt, denn die Mitarbeiter feierten mit Lagerfeuer und Musik. So abgelegen wie es ist, kann man auf dem Gelände natürlich die Musik etwas lauter und das Feuer etwas größer machen. Die Musik wurde leiser und wir stießen auf die Hohnsteiner Straße, welche uns zur Unterkunft führte. 12 Stunden Tour machten sich bemerkbar und dankbar für Dusche, gekühlte Getränke und weiche Betten nutzten wir die Annehmlichkeiten unserer Ferienwohnung und fielen alsbald in den Schlaf.


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