Leipziger Buchmesse 2014

4. April 2014, 08:52 Uhr,

Die Leipziger Buchmesse ist das Frühjahrsereignis für alle Lesefreunde. Mit dem Fokus (auf) Bildung streiften wir durch die Hallen. Kommt doch mit.


Leipziger Buchmesse 2014

Seit rund 400 Jahren treffen in Leipzig Verlage, Autoren und Lesefreunde aufeinander. Bis zum Ende des 2. Weltkriegs war die Traditionsveranstaltung gar die größte Messe Ihrer Art in Deutschland. Diesen Spitzenplatz hat mittlerweile die Frankfurter Buchmesse inne, welche aber im Herbst stattfindet und sich auch mehr an Fachpublikum richtet. Leipzig hingegen präsentiert sich als buntes, unterhaltsames, immer wieder überraschendes Event, welches von Menschen jeden Alters besucht wird und auch Kinder, Familien und Schulklassen „magisch“ anzieht. Bei 2200 Verlagen aus 40 Staaten wird das Angebot an Neuerscheinungen aber schnell unüberschaubar. Jedem Besucher kann man nur anraten Schwerpunkte zu setzen und sich beispielsweise jeden Tag einer anderen Messehalle zu widmen. Dennoch werden auch 4 Tage kaum reichen, um alles zu entdecken. Dieser Artikel ist somit ebenfalls nur ein Eindruck von vielen möglichen. Konzentriert hatten wir uns diesmal auf „Fokus Bildung“, unter dem man Verlage, Veranstaltungen, Vorträge, Aktionsflächen usw. zugeschnitten speziell für Kinder und Jugendliche, in Halle 2 versammelt hatten.

Wir wählten mit Absicht einen Freitag für unseren Besuch, da das Wochenende erfahrungsgemäß auch sehr volle Gänge und deutlich weniger Gelegenheit für Unterhaltungen oder gar Interviews bietet. Das Wetter meinte es wirklich gut mit uns und so reihten wir uns in den Besucherstrom Richtung Eingang West ein um wie gewohnt zuerst der sonnendurchfluteten Glashalle unsere Aufwartung zu machen. Neben der – für Leipziger bereits seit Wochen (stadtweite Plakataktionen) sehr präsenten – Schweiz, traf man dort auf bekannte Größen wie ARTE, ZDF, MDR, 3sat, Deutschlandradio etc. Mehr als einen kurzen Blick hatten wir für all das jedoch nicht übrig, würde unsere Zeit doch sicher eh sehr knapp werden.

Zu sehen, lesen, hören gabs reichlichAndrang in der Glashalle

Fokus Bildung

Interessanterweise belegten die Stände von „Fokus Bildung“ exakt denselben Bereich wie schon einige Wochen zuvor die der Handwerksmesse. Wir fühlten uns also sofort „zuhause“. Wie erwartet dominierten Aussteller, welche sich dem Erstellen von Schulbüchern, Fachbüchern, Lernmaterialien, Wörterbüchern, Hörbüchern und allerlei bildenden und das Denken anregenden Themen verschrieben hatten. Eine große Aktionsfläche hatte man für die Bücherrallye vorgesehen, am Nordende der Halle eine weitere für das Forum Kinder-Jugend-Bildung. Neben Lesungen fanden dort auch Besprechungen, Vorträge und Auszeichnungen z.B. vom Leipziger Lesekompass statt. Apropos Auszeichnungen, man kürte auch die Schulbücher das Jahres 2014 und ehrte Preisträger in den Bereichen Belletristik, Sachbuch und Übersetzungen. Die am Vortrag unseres Besuchs stattfindende Frühjahrstagung des Deutschen Lehrertags unterstrich nochmals die starke Ausrichtung auf das Thema Bildung.

Hörbücher aller ArtGlitzernde Spielereien

Von all den Vorträgen, Lesungen und Tagungen bekamen wir aber wenig mit und unterhielten uns stattdessen mit Austellern. Viel Zeit verbrachten wir am Stand des Verlags Handwerk & Technik. Zum einen hatten wir mit Schulbuchberater Lutz Röder einen kompetenten Ansprechpartner in Sachen Bildung, zum anderen sind deren Titel schlicht hervorragend. Sowohl Thomas als auch ich begannen unseren Berufsweg ursprünglich im handwerklichen Bereich und konnten so gut frühere Lernmaterialien mit denen von H&T vergleichen. Die durchgehend auf dickem Hochglanzpapier und vollfarbig gedruckten Büchern überzeugen aber nicht nur durchs äußere Erscheinungsbild, sondern vor allem durch die starken inneren Werte. Aufbau, Struktur, Grafiken, Texte, alles fügt sich harmonisch zusammen und es macht sicher Spaß mit und aus solchen Büchern zu lernen. Das Angebot ist wirklich umfassend und auch für alle jene interessant, welche nicht nur eine Ausbildung suchen, sondern Ihre schulische & Gemeinbildung verbessern oder sich selbst weiterbilden wollen. Mit „an Bord“ sind oftmals auch CDs mit komplexen Aufgaben, Vorlagen und kopierfreien Unterrichtsmaterialien.

Tolle Bücher um beruflich voranzukommenSchulbuchberater Lutz Röder

Schmidt Lehrmittel war ständig gut umlagert, bot man doch praktischerweise einige der Arbeitsmittel im Direktverkauf an. Würfel, Lege-, Falt, -Denkspiele, Memorys, Spielfiguren und mehr, aus Holz, Kunst- und Schaumstoff, in Natur- oder kräftigen Pastellfarben wechselten im Minutentakt den Besitzer. Auch wir konnten nicht widerstehen und erwarben einige Mitbringsel. Dieser Stand war ein gutes Beispiel dafür, wie gern Kinder Neues lernen, sich ausprobieren, wenn man die Denkaufgaben mit Spielspaß mixt.

Digitale Arbeitsmaterialien und Schulbücher hatte die Park Körner GmbH im Angebot. Interessant ist dies vor allem für Pädagogen, welche alle aktuellen Lehrmaterialien, Arbeits- und Aufgabenblätter etc. auf diese Art jederzeit zur Verfügung haben, ausdrucken, kopieren, vervielfältigen können. Da alle Inhalte veränderbar sind, kann man diese problemlos dem Tempo und Lehrplan der Klassen anpassen. Für Grund-, Mittel- und Oberschulen, sowie Gymnasien sicherlich nicht die schlechteste Variante. Anschauen konnte man sich am Stand etliche dutzend ausgedruckte Beispielmaterialien und auch online ließ sich im Verlagsprogramm schmökern.

Digitale Arbeitsmittel ala Park Körner

Coole Tools für kreative Köpfe und geschickte Hände

Handwerklich ging es bei „The cool tool GmbH“ zu. Cornelia Wille erklärte uns nicht nur das Konzept von UNIMAT, einem modularen Maschinensystem, sondern sägte, fräste, drehte und bohrte währenddessen auch unentwegt für Neugierige kleine Holzstücke in Form. Begeistert für die praktischen und handlichen Maschinen zeigten sich dabei gleichermaßen Frauen, Männer, Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Die Handhabung ist denkbar einfach, ein Umbau für andere Bearbeitungsschritte geht leicht von der Hand und es ist erstaunlich, was man damit alles bearbeiten kann. Trotz der geringen Größe handelt es sich aber keineswegs um Spielzeuge, sondern hochpräzise Maschinen, welche mit Genauigkeiten von 0,05mm arbeiten. Das ganze System läuft mit 12 Volt, daher sehr leise und wie wir selbst testen konnten auch (kinder-)sicher. Eingesetzt werden kann es z.B. beim Werkunterricht, wobei Module einfach getauscht werden können, Schüler Ihre Maschinen in Eigenregie umrüsten können und den Umgang selbst mit komplexer CAD/CAM/CNC-Software erlernen. Die Firma veranstaltet auch Workshops, sicher eine gute Gelegenheit für Werkenlehrer und Schulleiter UNIMAT in Aktion zu erleben und auszuprobieren.

Cornelia Wille und ihre Cool ToolsFür jede Idee das richtige Werkzeug

Den Stand von Dusyma hatte man wie ein großzügiges Kinderzimmer angeordnet. Und so fand sich auf den Tischen und in den Regalen auch eine Menge Spielzeug zum lernen, entdecken, erleben. Die Firma versteht sich als Entwickler, Produzent und Lieferant von pädagogisch wertvollem Spiel- und Lernmaterial sowie Raumkonzepten für Kinder. Der Fokus liegt dabei vor allem auf Kinderkrippen und –gärten. Das Gesamtangebot füllt problemlos 2 telefonbuchdicke Kataloge. Gezeigt wurden also nur einige Auszüge und Neuheiten. Kleine Kinder ließen sich schnell von den bunten, glitzernden und sehr ansprechenden Produkten begeistern, Eltern ebenso. Dabei dienen all die vielen Materialien nicht nur den spielerischen Selbstzweck, sondern regen vor allem Sprache, soziale Kompetenzen und Vorstellungsvermögen an, ideal zur Gruppenbeschäftigung. Obwohl man am Stand kaum Bücher vorfand, erfüllte Dusyma unserer Meinung nach dennoch bestens das Thema dieser Messehalle, Fokus Bildung.

Ingrid Szabo von DusymaForum Kinder - Jugend - Bildung

„Denken gefährdet die Dummheit“

Unübersehbar prangte dieser Slogan an den Aufstellern von LEU. Deren „Brain Stimulator“ stellte sich als komplexes dreidimensionales Legespiel heraus, welches einfach und spielerisch ausschaut, aber schnell den Kopf zum qualmen bringt. Die Legefläche besteht aus 10*10 flachen Mulden, von denen – durch Einlagen begrenzt – in jedem Level eine unterschiedliche Anzahl zur Verfügung steht. Zu Beginn werden einige Formen bereits platziert. Aufgabe ist es nun, die übrigen Teile so in die freien Mulden einzusetzen, dass alle belegt sind. Klingt leicht, ist es aber nicht, wie wir im Selbstversuch schnell feststellten. Besonders fähige Spieler können sich auch an einer Pyramidenform versuchen. Wenn Ihr einmal die Chance zum Testen erhaltet, probiert es unbedingt aus.

Denken gefährdet die Dummheit

Das coolste und wohl auch größte Exponat der Messe war zweifellos der leuchtendgrüne Bus vom Theater der Jungen Welt (TdJW) aus Leipzig. Genutzt wurde das Gefährt aber nicht nur als Blickfang, sondern auch für Lesungen und Aufführungen im ungewöhnlichen Rahmen. Unter anderem Bezug nehmend auf unseren Artikel zur Theatralischen Bildung kamen wir schnell ins Gespräch. Während die Begeisterung der Kinder und Jugendlichen fürs Theater, dank der unterhaltsamen und sehr abwechslungsreichen Stücke des TdJW ungebrochen bleibt, macht sich Verwaltungsdirektorin Lydia Schubert dennoch Ihre berechtigten Gedanken um die Zukunft. Stellt man die Studienrichtung Theaterwissenschaften in Leipzig wirklich ein (wir berichteten), wird es mittelfristig auch beim TdJW an Nachwuchs fehlen. Da man politisch nur zu gern beim Thema Kultur zuerst den Rotstift ansetzt und sich auch das älteste professionelle Kinder- und Jugendtheater Deutschland nicht gerade auf dicke finanzielle Polster betten kann, würden solche Pläne deren Position nur noch weiter erschweren. Wenn ich allein an die Tatsache denke, dass alle Kinder die in Leipzig und Umgebung aufgewachsen sind, mindestens eine Vorstellung beim TdJW besucht haben, ist es für mich ein ganz selbstverständlicher Teil unserer Bildung und das soll und darf auch so bleiben.

Auswahl so weit das Auge reichtTheaterbus        

Zum Zuhören und Beine ausruhen fanden sich in dieser Halle u.a. Lesebuden, Leseinseln, Lesetreff und Radio-Werkstatt. Im Bereich der SF & Fantasy legten wir einen weiteren Stopp ein. Hier traf man bekannte Autoren wie Wolfgang Holbein oder auch vertraute Redaktionen wie die vom „Verlag Martin Ellermeier“, welcher u.a. die Fachmagazine Mephisto und Tabletop Insider veröffentlicht.

Stets gut umlagert: die LesebudenKleiner Stand mit tollen Bücher

Eine gebundene Schönheit

Das meiner Meinung nach schönste Buch der Messe fanden wir bei Amizaras, welche aus ihrer gleichnamigen Edition die beiden Bände Aschamdon und Sarathoas präsentierten. Angezogen wurden wir dabei weniger vom Inhalt des Buches, welchen wir ja eh noch nicht kannten. Stattdessen überzeugte auf den ersten Blick die Gestaltung und Verarbeitung. Allein das Design von Einband und Seiten, die Qualität des Papiers, die Vielzahl der zum großen Teil extra für dieses Buch angefertigten Grafiken, Prägungen auf der Vorderseite etc. ließen uns staunend verharren. Als erwachsener Leser ist man es einfach zu oft gewohnt sehr schlichte und günstig produzierte Taschenbücher vorgesetzt zu bekommen. Erscheint ein Titel in gebundener Form ist auch dies längst kein Garant für Extras und übers Notwendige hinausgehende Ausstattung. Umso mehr freuten wir uns ein derartiges Werk vorzufinden, bei dem die Dekorationen die Story vertiefen, zusätzliche Hinweise enthalten, zum Nachforschen anregen und ein kleines Gesamtkunstwerk ergeben. Ich wünsche mir mehr derartige Bücher und den Mut auch großer Verlage Bücher als Kunst zu betrachten, mehr sein zu lassen, als eine reine Ansammlung von Worten.

Amizaras-Edition

Durch die Hallen 3-5 flitzten wir nur schnell durch, auch wenn das Dargebotene sicherlich unsere Aufmerksamkeit verdient hätte. Jeder Besucher der Buchmesse sollte aber seine knapp bemessene Zeit nutzen, um zumindest einen Blick in Halle 1, der zeitweiligen Heimat aller Manga- und Comicfreunde zu riskieren. Dort ist es ungleich lauter, schriller, bunter als in den anderen Hallen. So findet man z.B. hunderte von Cosplayern, die in auffälligen Gewändern Ihre Helden darstellen. Viele bekannte Zeichner zeigten Ihr Können und ließen sich über die Schultern schauen. Unsere letzte Station war die Aktionsfläche eines Vereins, den wir hier nicht erwartet hätten. Die Bogenschützen von Kyudo-Sachsen hatte man extra eingeladen und Ihnen auch einen großen Bereich zur Verfügung gestellt. Jeden Messetag führten Sie Ihre – der japanischen Tradition entsprechende – Schießkunst vor und ließen zwischen den Vorführungen auch interessierte Besucher an die Bögen. Die Fähigkeiten und Treffsicherheit der Schützen war sehr eindrucksvoll, zudem strahlten sie eine bemerkenswerte Ruhe und Konzentration aus. Der Verein sucht momentan aktiv nach einem Leipziger Domizil, wer dazu eine Idee hat, oder gern diesen Sport kennenlernen möchte, sollte sich übers Kontaktformular der Webseite an die wirklich netten und freundlichen Kampfsportler wenden.

Merchandising für MangafansKyudo in Perfektion

Parallel zu den Ereignissen auf dem Messegelände zeigte sich auch die Stadt selbst als Lese-Eldorado. 2014 fand „Leipzig liest“ bereits zum 23. Mal statt und hat sich den Ruf als Europas größtes Lesefest mit über 3000 Autoren und Lesungen mehr als verdient. Dabei nicht fündig zu werden bzw. seinen Lieblingsautoren zu treffen, war fast unmöglich. Allen interessanten Lesungen zu lauschen und Autogramme zu sammeln aber leider ebenso. 52.000 versuchten es dennoch und sorgten für gut besetzte Locations.

Lesefest Leipzig

Damit endete unser Messebesuch. Man musste uns sogar fast herauskehren, zu viel gab es noch hier und da zu sehen. Insgesamt war es ein tolles Erlebnis, mit vielen & neuen überraschenden Eindrücken, Erlebnissen und Erkenntnissen. Vielleicht seid Ihr ja nächstes Jahr selbst zu Gast in Leipzig?

 


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