Willkommen im Schnalstal

30. Januar 2013, 12:51 Uhr,

Die südtiroler Bergriesen stellen die grandiose Kulisse für eine überraschend bunte Pflanzen- und Tierwelt. Wer die Natur, wer Kultur, wer wandern liebt, ist hier richtig.


Willkommen im Schnalstal

Ohne viel blumige Worte entlasse ich Euch gleich in den 2. Teil von Detlev’s Südtirol-Reiseberichts. Nachdem er beim letzten Mal allgemein für Südtirol und das Vinschgau im allgemeinen schrieb, gibt es diesmal eine spezielle Empfehlung, das Schnalstal. 

Liebe Leser, willkommen zurück, zum 2. Teil meines Reiseberichtes aus Südtirol. Heute nehme ich euch mit in mein absolutes Lieblingstal.

Fährt man von Meran aus auf der Vinschgauer Staatsstraße in Richtung Reschenpass, dann kann man gleich nach dem Tunnel von Staben rechts in das Schnalstal einbiegen. Dort wo vor einigen Jahren noch klare Sicht auf die Berge möglich war, findet man heutzutage gleich am Anfang der Straße (aus Sicherheitsgründen) sehr viele Tunnel auf dem Weg nach Kurzras vor.

 

Wer noch etwas Zeit hat, und das sollte ja im Urlaub so sein, fährt bitte auf der Hauptstraße nach Staben noch 110 m weiter (also erst mal nicht ins Schnalstal abbiegen), und kehrt auf der rechten Seite der Straße in den Bauernladen ein. Hier bieten die Bauern der Region ihre Produkte an. Natürlich ist es etwas teurer als im Supermarkt, aber dafür eben frisch und lecker. Man kann prima seinen Proviant auffrischen oder einen Blick auf Schloss Juval, den Wohnsitz von Extrembergsteiger Reinhold Messner, werfen.

 

Mit vollem Rucksack geht’s nun weiter. Nachdem man die ersten Kilometer gefahren ist, kommt kurz vor der Gemeinde Karthaus rechterhand ein Abzweig ins Pfossental. Wie üblich gibt es nur eine steile Straße hinauf zu den Kaserhöfen (Voderkaser, Mitterkaser). Man kann das Tal bis zum Eishof, einem Teil des Meraner Höhenweges durchwandern. Anfangs ähnlich einer Forststraße, windet sich der Weg anstrengend hinauf (Achtung: oft in praller Sonne, da es wenig Bewaldung gibt), lohnt aber die Mühen. Mit etwas Glück kann man neben Kleingetier auch Steinbock und Gams sehen. Für diese Tour sollte man einen vollen Tag einplanen.

 

Wer diese Wanderung nicht machen möchte, fährt einfach weiter bis nach Karthaus, kann hier die Reste des Karthäuser Klosters (1326) besichtigen und  in eines der Restaurants einkehren.

Fünf malerische Dörfer – Katharinaberg, Karthaus, Unser Frau, Vernagt und Kurzras – ziehen sich durch dieses sonnige Hochgebirgstal; die Höfe links und rechts der Straße sind oft mehr als 100 Jahre alt. Hier bekommt man als Bergfreund viel Abwechslung geboten. Des Öfteren führte uns der Weg aber weiter hinauf ins Schnalstal, wohin ich Euch diesmal einfach mitnehmen möchte.

 

Von Karthaus kommend, geht es vorbei am Wallfahrtsort Unser Frau, dem wunderschönen Vernagtstausee bis hinauf nach Kurzras, dem Ziel der Autofahrt und Ausgangspunkt für alle Wanderungen.

Bitte erschreckt nicht, wenn Ihr das erste Mal hierher kommt. Die Hotelkomplexe verbreiten einen „grausigen Anblick“ (wie die Einheimischen es nennen) in dieser schönen Landschaft, aber wenn man die neuerdings erhobenen 4 Euro Parkplatzgebühr bezahlt und die Hotels hinter sich gelassen hat, erwartet Euch viel Natur zum Genießen.

 

Gut trainierten Wanderern empfehle ich den Weg zur Schutzhütte Schöne Aussicht. Auf Italienisch „Rifugio Bellavista“ klingt es noch viel besser und spiegelt auch wirklich das wieder, was man erwartet und zu sehen bekommt. Etwa 3 bis 3,5 Stunden dauert der weg von Kurzras bis hinauf auf 2842m. Achtung, hinter den „Grausigen Hotels“ findet man einem Hinweisschild für den Weg Nr.3 eine Zeitangabe von 2,5 Stunden. Ich bin den Weg schon oft gewandert und kann nur sagen, bei 2,5 Stunden muss man die 841 Meter Höhenunterschied rennen und sieht nichts von der Natur. Pausen, die man im oberen Bereich des Weges auf jeden Fall benötigt, sind dann auch nicht drin.

Ein schöner, gut begehbarer Weg führt über die die Baumgrenze hinaus, danach geht es eher unbefestigt weiter, über Felsbrocken und treppenähnliche Gebilde. Betrachtet auf dem Weg nach oben bitte auch das Gestein auf dem ihr geht oder was so links und rechts des Weges zu finden ist. Ständig wechselt es sein Gesicht und die eventuell mitlaufenden Kinder (oder die die es wieder werden) entwickeln schnell eine Sammelleidenschaft für Glitzersteine aller Art.

Bis man das Ziel (die Schutzhütte) das erste Mal sieht, vergeht gehörig Zeit und Wegstrecke, aber langweilig wird es nie. Wer aufmerksam hinschaut, die Augen schweifen lässt, kann entlang des Weges unzählige Pflanzen und Tiere bestaunen. Natürlich auch den Stahlblauen Enzian, Alpenrosen, Echinacea und vieles mehr. Mit etwas Glück findet man auf einer der Almen auch die possierlichen Murmeltiere.

 

Die letzte halbe bis dreiviertel Wegstunde ist gutes Schuhwerk und Trittsicherheit gefragt. Je nach Jahreszeit muss man auch mit Schnee rechnen und sollte im Zweifelsfall auch auf die Wanderstöcke zurückgreifen. In der Regel sind sogar im Juni/ Juli noch 2 bis 3 Schneefelder mit bis zu 100 m Länge zu überwinden. Keine Angst, an gefährlichen Stellen sind Seile gespannt, die gleichermaßen Halt und Zuversicht geben.

Männer denkt an Eure Frauen! Nicht alles was wir toll finden, sehen sie ebenso. Also nicht meckern und noch mehr Angst machen wenn`s über den Schnee geht, sondern Mut zusprechen, gentlemanlike das Gepäck abnehmen und dann mit doppelter Last voran eine Trittspur in den Schnee trampeln. Die Hänge in diesem Abschnitt sind steil, oftmals geht es rechts 50 bis 100 m in die Tiefe, jeder Schritt sollte daher sitzen.

 

Oben angekommen findet man eine schöne Hütte (eher ein Haus) mit Übernachtungsmöglichkeiten und den perfekten Startpunkt für weiterführende Wanderungen ins hintere Eis vor.  Genießt den Ausblick und das schöne Essen. Plant dafür ruhig genügend Zeit ein, denn nach einem solchen Aufstieg wird man die Entspannung benötigen. Vor allem hausgemachte Säfte und die leckere Pasta kann man uneingeschränkt weiterempfehlen. Wer es mag kann natürlich auch Wein oder Bier in Maßen trinken. Oft unterschätzen „Bergneulinge“ die prasselnde Sonne und deren gut sichtbare Auswirkungen. Also denkt daran Euch vorsorglich und auch zwischendurch immer wieder Sonnencreme zu nutzen.

Im letzten Jahr waren einige Herren der LBS (Landes Bausparkasse Sachsen) unterwegs (ob zum Teamtraining oder zur Selbstfindung habe ich nicht gefragt) und der Meinung, es müsse nun jeder wissen dass man die Hütte für sich erobert hat. Diese Meinung brachte man mit einem Transparent der LBS von Fenster zu Fenster zum Ausdruck. Doch außer den Chefs der LBS fand dies keiner so toll, auch ich nicht, denn die Herren Bänker sollten derzeit andere Sorgen haben als Transparente in die Natur zu hängen. Zum Glück trifft man unterwegs eher selten auf solche Leutchen, im Gegenteil, anderen Wanderern werfen auch wir immer einen netten Gruß zu.

 

Der Weg hinunter geht dann wesentlich schneller voran. Bitte lasst Euch nicht dazu verleiten die Forststraße zu gehen. Manch einer sieht da Baufahrzeuge oder Geländefahrzeuge hinauf fahren und glaubt da komme auch gut wieder runter, doch weit geirrt! Der Weg über die Forststraße ist steil und sandig. Wer hinunter rutschen möchte kann es tun, alle anderen sollten lieber den Weg Nr. 3, also den gleichen Weg zurück wählen, das wird auch reichen um gut schlafen zu können.

Viele werden es kennen, hinunter sieht wieder alles ganz anders aus. Die Sonne steht anders, das ständig fließende Wasser verändert den Weg und der Blick geht nun nicht mehr zum Himmel sondern nach unten ins Tal Richtung Kurzras und zu den „grausigen Hotels“.

 

Ich hätte Euch natürlich auch erzählen können, dass es eine Kabinen-Seilbahn von Kurzras nach Grawand, dem Sommerskigebiet im Schnalstal gibt, wo  viele Jungend- und Nationalmannschaften im Sommer Ski fahren wollen oder müssen und die Berge mit Fahrrädern oder im Laufschritt hinaufgetrieben werden, um im Winter fit zu sein, aber das ist nicht meine Art der Natur zu begegnen.

 

So,  dass soll es für diesmal von mir gewesen sein. Ich hoffe, Ihr genießt die Bilder, gewinnt einen Eindruck vom schönen Tal und lasst Euch von meiner Schwärmerei verlocken, selbst dorthin zu fahren.


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