Teilnehmer um jeden Preis?

30. August 2012, 14:13 Uhr,

Im letzten Beitrag schrieb Christina über die Schwierigkeiten der Kinderbetreuung. Diesmal geht es um die Vereinbarkeit von Mutter sein und Weiterbildung und wie es bei eben solchen abläuft.


Teilnehmer um jeden Preis?

Geförderte Bildung war über einen langen Zeitraum und noch bis vor wenigen Jahren ein lukratives Geschäft. Das ist nicht verwunderlich, versuchte man doch von Amtswegen die hohen Arbeitslosenzahlen mit allen Mitteln sinken zu lassen. Personen die keinen Job fanden wurden daher sehr gern weitergebildet, qualifiziert oder gleich umgeschult. Sehr oft machten die Maßnahmen aber keinen Sinn, schlimmer noch, um Kurse komplettieren und durchführen zu können, befahl man Menschen mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen und ebenso unterschiedlichem Bildungsinteresse in die Kurse. Natürlich verwunderte es wenig, dass die Quote der Personen, die nach so einem Zwangskurs eine Anstellung fanden, gering war. Mittlerweile haben wir „nur“ noch 3 Millionen offizielle Arbeitslose und es werden deutlich weniger Mittel für die Bildung ausgegeben. Erwarten könnte man doch nun, dass die genehmigten Schulungen differenzierter vergeben werden, personalisiert sind und somit sinnvolle Ergebnisse bringen. Ist das so? Christina hat selbst in der Weiterbildungsspirale gesteckt und schreibt darüber.

Zeit ist ein sehr wichtiger Faktor, wenn man Kind und Beruf unter einen Hut bringen möchte. Wirklich vielversprechend klang eine extra für Mütter mit Kind ausgelegte Weiterbildung, welche ich genehmigt bekam. Bei einem Vorgespräch wurde aufgezeigt, was man alles machen und lernen kann, wo einem geholfen und wie die Unterstützung in Sachen Unterbringung und Fahrzeiten aussehen wird. Gut und schön dachte ich, mein Kind ist tagsüber versorgt, ich kann mich qualifizieren, also los!

Gleich der erste Tag brachte eine herbe Enttäuschung, denn von den uns so vollmundig angepriesenen Sachen des Vorgesprächs kam überhaupt nix rüber. Stattdessen erlebte ich Grundschule Teil 2. In der Weiterbildung, die ausschließlich von arbeitssuchenden Müttern und Vätern belegt war, ging es zum größten Teil darum, sich mit etwaigen schulischen Problemen der Kinder zu beschäftigen, wie z.B. Matheaufgaben oder Diktaten. Wenn man schulpflichtige Kinder hat, mag das noch ganz nützlich sein, aber für mich war es nichts. Meiner Meinung nach sollten Eltern sowieso in der Lage sein, zumindest die Grundschule problemlos mit dem noch vorhandenen eigenen Wissen begleiten zu können.

Das Beherrschen von Basics wie dem großen 1*1 oder der Bruchrechnung setzt jeder Arbeitgeber voraus und eine Wiederholung bescheinigt zu bekommen, hat fast schon einen negativen Touch. Ich suchte also das Gespräch mit dem Dozenten und bat um Aufgaben/ Lerninhalte, die mich persönlich und beruflich weiterbringen würden.

Nach einigem Hin und Her bekam ich dann zumindest die Chance ein Modul zu belegen, in dem ich Elemente  meiner Ausbildung aufzufrischen konnte. Immer noch nicht ganz das was ich mir vorgestellt hatte, oder versprochen bekam (so fehlten u.a. SAP-Schulungselemente), aber gelegen genug, um später leichter in meinem erlernten Beruf zurückzufinden.

In einer früheren Weiterbildung begegnete ich einigen Teilnehmern, denen man Kurse genehmigt hatte, obwohl diese nicht einmal die einfachsten Grundlagen beherrschten. Bei zukünftigen Buchhaltern gab es Personen, die nicht einmal in der Lage waren, den PC einzuschalten oder jemals etwas vom Rechenwesen gehört hatten. Wohlgemerkt rede ich hier von Erwachsenen! Ich verstehe nicht, wieso diese in solch einem Kurs sitzen (dürfen). Vom Prinzip her sollten Teilnehmer, Bildungsinstitut und die Finanzierer (ARGE, Arbeitsamt, Krankenkassen etc.) der Schulungen sich doch vorab klar sein, welche Kurse Sinn machen, welche nicht. In der Realität ist es so, dass die Bildungsinstitute froh sind über jeden Teilnehmer der Geld in die klammen Kassen spült. Auf der Strecke bleiben die Teilnehmer, welche zu Recht im Kurs sitzen, denen der Dozent mit seinem gestrafften Zeitplan jedoch kaum Zeit widmen kann, weil er sich um die von der Technik oder Thematik überforderten Schüler kümmern muss. Wer bereits in der Thematik steht langweilt sich nur, driftet gedanklich ab und erarbeitet sich am Ende doch alles selbst.

Gerade auch für die Teilnehmer gilt, lieber einmal mehr darüber nachgedacht, was passend oder unpassend für einen selbst ist, als 3-4 Monate in einer Weiterbildung zu sitzen, bei der man schnell zu sich sagen muss: „Das ist mir alles zu viel und ich habe nichts davon behalten.“.  

Bezugnehmend auch auf die Schilderungen anderer Muttis lautet mein Fazit: Bitte verdonnert nicht wahllos Leute zu unpassenden Maßnahmen, schickt Sie ins zwanzigste Bewerbertraining oder schult wild drauf los, liebes Amt! Bildung muss selektiv sein, angepasst, zugeschnitten auf Person und Situation, individuell und damit eine gute nützliche Investition darstellen. So wie ich es zu oft erlebt habe, schmeißt unser Staat – bildlich gesprochen – das Geld zum Fenster raus. 


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