Fachkräftemangel

6. Juli 2011, 13:00 Uhr,

Fachkräftemangel betrifft uns alle. Wir zeigen mögliche Ursachen und Lösungen auf.


Fachkräftemangel!

Dieses Schlagwort hat wohl ein Jeder in den letzten Monaten des öfteren vernommen.

Kein Wunder, denn schließlich beschäftigen sich längst nicht nur Personalleiter betroffener Unternehmen mit diesem Thema. Aus Fachthema ist längst Mainstream-thema geworden und Diskussionen dazu haben die Presse, Internet und Fernsehen erreicht.

Erst am Montagabend wurde dazu in kompetenter Runde beim MDR- Magazin „FAKT ist…!“ getalkt.

Dabei gibt es durchaus kontroverse Meinungen zur Lösung des Problems.

Zuerst einmal muss man feststellen, dass besagter Mangel wirklich existent ist und teils unerwartet große Ausmaße angenommen hat. Demografischer Wandel, d.h. die sinkende Zahl an „nachrückenden“ jungen Arbeitnehmern hat sicherlich seinen Einfluss. Auch die Abwanderung aus bestimmten Regionen in Deutschland (Tendenz von Ost und Nord nach West und Süd), bzw. die „Landflucht“ kann nicht völlig vernachlässigt werden. Dennoch liegen die Ursachen meines Erachtens nach an anderer Stelle.

Wie uns u.a. die Pisa-Studien der letzten Jahre zeigten werden bereits bei der schulischen Ausbildung Fehler gemacht. Die größtenteils benutzten Lehrpläne und –methodiken haben sich immer weniger als zeitgemäß erwiesen. Nicht umsonst gibt es allerorten Überlegungen, Strukturen zu verändern. Viele europäische Länder sind uns in dieser Beziehung ein gutes Stück voraus.

Immer wieder wird Finnland als Vorreiter benannt und das nicht ohne gute Gründe.

Grob betrachtet gibt es folgende Gründe, die finnischen Schülern bessere Ergebnisse in den Studien ermöglichten:


  1. Das finnische Schulsystem ist einfacher aufgebaut. Grundlage bildet die Gesamtschule, welche 9 Jahre (6 Unter- und 3 Oberstufenklassen) dauert. Danach kann man in 3 Jahren entweder den Weg der allgemeinbildenden Sekundarstufe II (Gymnasium, Abitur) oder der berufsbildenden Sekundarstufe II belegen. Danach schließen sich Fachhochschulen oder Hochschulen an.
  2. Schwache Schüler werden besonders gefördert. Sitzenbleiben, bzw. das Wiederholen ganzer Schuljahre kommt nur in Ausnahmefällen vor. Stattdessen wird jeder einzelne Schüler gezielt unterstützt.
  3. Schulklassen sind im Schnitt kleiner als in Deutschland. Selbstredend kann sich dadurch die Lehrkraft intensiver um Schüler kümmern. Steigt die Schüleranzahl dennoch einmal über etwa 20 an, dann stellt man den Fachlehrern Assistenten zur Seite. Diese haben zwar nur selten einen pädagogische Ausbildung genossen, können aber vor allem Betreuungsaufgaben ebenso gut übernehmen.
  4. Ausfallzeiten treten kaum auf. Aus persönlicher Erfahrung weiß ich um die hohe Zahl an Unterrichtsfehlzeiten, die durch zuwenig Lehrkräfte entstehen. „Springer“ stehen kaum bereit. In Finnland dagegen gibt es Vertretungsreserven für jede einzelne Lehrkraft, welche den Unterricht auf gleichem Level fortsetzen können.
  5. Psychologen, Kuratoren, Sozialarbeiter, Schulschwestern sind in finnischen Schulen als spezielle unterstützende Lehrkräfte ganz selbstverständlich Teil des Kollegiums. In Deutschland übernehmen die „normalen“ Lehrer oft zusätzlich solche Aufgaben.
  6. Finnische Lehrer sind im Schnitt besser gebildet, oder sagen wir besser, den Erfordernissen gewachsen. Das liegt aber zum großen Teil an der homogeneren Bevölkerung Finnlands. Der Anteil an Migranten oder anderssprachigen Schulkindern ist verschwindend gering. Außerdem sorgt die vorschulische Bildung für ein recht einheitliches Grundniveau, auf dem es sich natürlich leichter aufbauen lässt.

Es wäre falsch das finnische System zu glorifizieren und eine 1:1 Adaptierung ist sowieso unmöglich. Warum nicht vom Nachbarn lernen? Die Integration einiger Elemente ohne Frage dazu beitragen, den Notenschnitt deutscher Schüler in den nächsten Jahren zu steigern.

Aktuell jedoch ist ein hoher Anteil an Schulabgängern nicht der Lage, den Anforderungen einer Berufsfachschule gerecht zu werden. Bei Gesprächen mit den Verantwortlichen in Berufsbildungszentren wird mir immer wieder das schwache Niveau der Auszubildenden bestätigt. Häufig werden Nachschulungen angesetzt und zusätzlich Geld und Zeit investiert, damit die Lehrlinge den Anforderungen gerecht und zum Ausbildungsziel geführt werden.

Dazu kommt, dass Betriebe oftmals genötigt sind auch auf schlecht gebildete Lehrlinge zurückzugreifen, damit Lehrstellen überhaupt besetzt werden können. Eine adäquate Nachwuchsförderung und eine homogene Stellenbesetzung sind schwer zu realisieren.

Aus schlechten oder wenig gebildeten Schülern können nun mal kaum gute, bestens vorbereitete Facharbeiter werden!

Starre Strukturen behindern auch noch in der Lehrlingsausbildung die Ausprägung von Fachkräften.

So sind manche Lehrer zu viel Theoretiker, zu wenig Praktiker. Zusatzkurse laufen unter Umständen in die falsche Richtung und die Zusammenarbeit mit den Unternehmen findet teilweise noch zu wenig statt.

Zum Glück gibt es auch nach dem Eintritt ins Berufsleben Möglichkeiten um fehlende Qualifikationen zu erwerben. Erwachsenenbildung, ob nun berufsbegleitend oder „en bloc“ gewinnt immer mehr an Bedeutung. Viele Firmen haben dies längst erkannt, und schulen regelmäßig das Personal vom „einfachen“ Mitarbeiter über Abteilungsleiter bis in die Chefetage.

Moderne Kommunikationsmethoden, regelmäßig geupdatete Software, ausgetauschte Hardware und Maschinenparks, geänderte staatliche Regelungen und Vorschriften bedingen Anpassungskurse, um stets effizient arbeiten zu können. Wird vorab beraten, ein Schulungskonzept erstellt, Maßnahmen überwacht und Nachhaltigkeit beachtet, bleiben die Fachkräfte im Unternehmen stets allen Marktanforderungen gewachsen.

Problematisch bleibt dennoch die Besetzung freier Stellen im Unternehmen. Jede 3. Firma hat nach eigenen Angaben Schwierigkeiten offene Arbeitsplätze zu belegen. Auf dem freien Markt gibt es momentan noch zu wenig geschultes Personal mit meist zu geringer Berufserfahrung.

Bevor Initiativen wie Weiterbildungsoffensiven der Länder oder der „Einkauf“ von ausländischen Fachkräften greifen können, kann man alternativ auch im eigenen Unternehmen nach geeigneten Kandidaten schauen. Nicht selten verfügen Mitarbeiter über brachliegende Talente, innovative Ideen oder soziale Kompetenzen, die für unbesetzte Stellen sehr passend wären.

Doch ob nun Bewerber vom freien Markt oder aus dem eigenen Haus, nur wenn eine Firma bereit ist gezielt zu qualifizieren, wird man auch in Zukunft Engpässe abdecken und einem Mangel an Fachkräften entgegenwirken können.

Verlassen Sie sich nicht auf die Politik oder Veränderungen im Bildungswesen, tun Sie selbst etwas gegen den Fachkräftemangel und nutzen Sie die Möglichkeiten moderner Schulungen!


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