Musikalische Bildung – Die Suche nach dem eigenem Ton

17. April 2014, 12:28 Uhr,

Wenn sich musikalische Bildung und Spaß am Musizieren aufs vortrefflichste mischen. Mathias Schulze besuchte den Workshop „Klangimpulse – Jeder kann Musizieren“.


Musikalische Bildung – Die Suche nach dem eigenem Ton

Die positive Wirkung des Singens und Musizierens ist vielfältig erforscht und belegt. Im Zuge dessen gibt es beispielsweise die deutschlandweit expandierte Initiative „Jedem Kind ein Instrument“ (JeKi), das Frankfurter Projekt „Primacanta – Jedem Kind seine Stimme“ und das Leipziger Modell namens „Singt Euch Ein“. Hierbei werden, in Kooperationen zwischen Grund – und Musikschulen, Lehrkräfte befähigt, die musikalische Kompetenz der Kinder im Unterricht aufzubauen. Als positiver Nebeneffekt gilt das Erlernen sozialer Fähigkeiten, die Schulung von Intelligenz und die Integration innerhalb der Gruppe. Von späteren musikalischen Erfolgsmöglichkeiten ganz zu schweigen. Der Erhalt der sogenannten frühkindlichen Offenohrigkeit soll geschützt werden. 

In Leipzig bietet des Weiteren der Workshop „Klangimpulse – Jeder kann Musizieren“, unregelmäßig alle zwei bis drei Monate in der Kulturwerkstatt „KAOS“ stattfindend, nicht nur Kindern die Chance zum Experimentieren. Die Bildungseffekte dieses speziell ausgerichteten Projektes stehen dabei zwar nicht im Vordergrund, präsent sind sie aber allemal.

Wo „KAOS“ draufsteht, ist musikalische Bildung drin Soziale Kompetenzen: Die Gruppe hält den Spiegel vor

Die 28-jährige Leiterin Maria Schüritz, die im Dezember letzten Jahres auch ihr erstes Musikalbum herausgebracht hat und schon seit Kindesbeinen mit der Kulturwerkstatt verbunden ist, und der 30-jährige Schlagzeuger und Musiktherapeut Jonathan Walther empfangen Teilnehmer quer alle Alters- und Bildungsschichten. Egal, ob man nun Mitte 20 oder Ende 60 ist, egal, ob und welche musikalische Vorbildung man bereits durchlaufen hat: Alle sind zum Experimentieren eingeladen. Da braucht es keiner klassischen Instrumente, da reicht mitunter eine zerknitterte Plastikflasche. 

Hier muss man nicht immer im Takt bleiben, hier soll das spielerische Sich-Aus-Drücken neue Wege zur Kreativität stimulieren. Lockerung und Bereicherung, kein Druck und kein quälender Perfektionismus. Schüritz erklärt: „Die Form von Musik, wie wir sie hier praktizieren, ist nur sinnvoll, wenn man sie selbst macht.“

In den Räumlichkeiten der Kulturwerkstatt „KAOS“Fernab traditioneller Instrumente: Mit Pauken und Luftballons

Die Musikerin hat eine klassische Ausbildung durchlaufen, kann perfekt nach Noten spielen. Und teilt das Schicksal vieler Teilnehmer: Erst durch das Experimentieren sei sie kreativer geworden, erst bei der fühlenden Art zu Musizieren hat sie ihren eigenen Ton gefunden. Dafür taugt auch mal ein Luftballon oder eine Maultrommel.

Neben diesem Kreativitätsimpulsen gibt es Gruppendynamiken, die das Soziale sensibel und nonverbal schulen. Schüritz referiert ihre Erfahrungen: „Jemand, der ziemlich laut ist und auch so spielt, erfährt seine Wirkungen. Das Gefühl für das Gegenüber ist beim gemeinsamen Musizieren entscheidend.“ Im Spiel wird der Spiegel vorgehalten, lernt man sich selbst besser kennen. Hier reagieren die Mitmenschen nicht mit erhobenen Zeigefingern, nicht mit Verachtung. Vielmehr werden alle ins Experimentieren integriert, der Lautstarke wird beispielsweise von Flüstertönen umgarnt. So wird die Phantasie stimuliert, tritt der Lerneffekt wie nebenbei ein. Dabei bereichert die Interaktion zusätzlich den künstlerischen Aspekt.

Die fühlende Art Musik zu machenMit „KAOS“ zum LerneffektFenster auf, Inspiration rein

Eine Musiktherapie ist es aber nicht. Judith, eine Teilnehmerin, beschreibt eine weitere Komponente, die beim rein technischen Spiel vernachlässigt werden kann: „Musizieren gibt mir die Möglichkeit, Emotionen zu erleben. Wenn ich selbst spiele, dann kann ich diese steuern. Bis hin zur Gänsehaut.“

Die verwendeten Mittel sind ein Garant, um das klassische Spiel zu bereichern. Stefanie, extra aus Dresden angereist, erläutert: „Es ist ein Wahnsinn. Ich lerne hier, dass man mit Flaschen oder Luftballons etwas ausdrücken kann, beispielsweise Aprilwetter. Aber nicht so, wie es die Medienwelt vorgaukelt.“

Musikalische Bildung, egal ob in Workshops dieser Form oder in anderen Kontexten praktiziert, erwirtschaftet kein unmittelbares ökonomisches Kapital. Dennoch bedeutet diese Form der Persönlichkeitsbildung einen sozialen, kulturellen und emotionalen Mehrgewinn, welcher eine nicht zu unterschätzende, genauer eine wesentliche Rolle, in allen Bereichen des Lebens einnimmt.

Workshop-Leiterin Maria Schüritz und der Musiktherapeut und Schlagzeuger Jonathan Walther Zeit zum Experimentieren

Wer sich selbst ausprobieren möchte sei hierzu eingeladen:

  • „KlangImpulse“ Workshop: „Jeder kann Musizieren“, 15. Juni, 12-18 Uhr, Kulturwerkstatt KAOS
  • KAOS Kultursommer, 06.Juli-03.August, Kulturwerkstatt KAOS, Am Kanal 28, Leipzig
    • Konzerte
    • Theater
    • Workshops
    • Festival


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