Designers Open 2014

7. November 2014, 12:19 Uhr,

Vom 24.-26. Oktober präsentierten sich die besten Designer aller Stilrichtungen in der Glashalle der Leipziger Messe. Wir waren für Euch vor Ort dabei.


Designers Open 2014

Die Designers Open sind Deutschlands bekanntestes Designfestival und haben sich auch international einen guten Ruf erworben. Begonnen hatte alles noch ganz bescheiden und im überschaubaren Rahmen vor 10 Jahren auf Initiative eines Leipziger Designstudios. Zum Jubiläum kann man mittlerweile nicht nur die repräsentabelste und schönste Lokation Leipzigs als zentralen Ausstellungsort nutzen, sondern gewährt zudem an 30 DO/Spots verteilt übers ganze Stadtgebiet, Einblicke in Studios, Werkstätten, Ateliers und Geschäfte.

DO/ SpotsGlashalle der Leipziger Messe

Damit ist die DO ihren Kinderschuhen längst entwachsen und präsentiert sich selbstbewusst mit 200+ Ausstellern dem geneigten Publikum. Kunst und Design sind nichts, was man nur im „Vorbeigehen“ aufnehmen sollte bzw. überhaupt kann. Und so konnte man diesmal die Glashalle 3 volle Tage, von Freitag bis Sonntag, die DO/Spots sogar eine komplette Woche lang, genauer gesagt vom 20. bis zum 26. Oktober, ansteuern.

Wir selbst wählten den Freitag als Termin und gönnten uns etliche Stunden Entdecken, Staunen und Gespräche in der Glashalle der Neuen Messe. Viel Spaß beim virtuellen Besuch.

Seit 50 Jahren Botschafter der Leipzier Messe, das Messemännchen.Um unseren zeitlichen Spielraum vor Ort auch auszuschöpfen, betraten wir kurz nach 10 Uhr als eine der ersten Gäste das Foyer. Vergleicht man den Anblick der Stände und Besucher bspw. mit einem typischen Tag der Buchmesse, so fühlte man sich bei der DO fast schon „einsam“. Uns war es aber nur Recht, dass der Ansturm noch bis zum Mittag/ Nachmittag und natürlich vor allem das kommenden Wochenende auf sich warten lassen würde. Wir genossen es bei deutlich geringerem Lärmpegel unterwegs zu sein, uns an den Ständen nicht drängen zu müssen und sowohl Ausstellungsstücke, als auch Aussteller für Euch besser ins rechte Licht zu setzen.

Zu allererst verschafften wir uns einen Überblick und machten die Runde auf der Balustrade. Organisatorisch hatte man die einzelnen Bereiche (Graphic, Industry, Market, Architecture, Fashion) in Gruppen angeordnet und mit farbigen Leitstreifen den Weg dorthin sehr einfach gemacht. Belegt war die komplette Glashalle mit Ausnahme der schmalen Seitenwege und Zugangstunnel zu anderen Messehallen. Es dominierten viele kleine Stände von einzelnen Anbietern, kombiniert mit größeren Flächen, welche von einem Thema bestimmt waren oder von vielen Designern genutzt wurden.

Das neue Leitsystem funktionierte primaDesigners Open - Auf der Balustrade(Innen)Design in a box(Innen)Design in a box - green(Innen)Design in a box - orangeArchitekturdesignStadtkonzept "Zwickau 2050"

Die Ebene 0 belegten die Sonderausstellungen „Schöne Häuser“ und „Architektur bewegt“ bzw. „Zwickau 2050“. Mit sehr unterschiedlichen Herangehensweisen widmete man sich zukünftigen städtebaulichen Herausforderungen und riskierte auch ungewöhnliche Blicke auf Außen-/Innendesign. Sehr interessamte Ansätze fanden sich auch beim Thema Ecodesign. Nachhaltigkeit stand hier im, Fokus der Entwürfe, ein Aspekt, den man unserer Meinung nach noch viel stärker beim Produktdesign berücksichtigen sollte. Man traf auf Werkzeuge, Gebrauchsgüter, Ladegeräte, Kleidung u.v.m., wobei man sich zu jedem Objekt auch dessen Hintergrund erlesen konnte. Diese, einem praktischen direkten Nutzen dienenden Objekte fanden wir besonders interessant. Leider verlief sich so früh am Messetag kaum ein Besucher auf die Empore, wirklich schade.

Mobiles Wohnen - anders gedachtEcodesign ala HILTIAuch den Rolltreppen designte man ein neues "Kleid"

Treppab blieb unser suchender Blick an einem sehr geschmackvollen kleinen Lädchen hängen, welches mit seinem charmanten Retrostil und einer hölzernen 20’er Jahre-Optik so gar nicht in die eher nüchterne Messehalle passen wollte. Beim Näherkommen entpuppte sich das Lädchen als Minibar der besonderen Art, an welcher wir sogleich von einer adretten jungen Dame in Empfang genommen wurden. Ihr ebenso elegant gekleideter Kollege mimte den Barmixer und schenkte allen Genießern auf gekonnte Art den Star des Standes, echten Hendricks Gin ein. Gemixt mit einer speziellen Tonic Sorte und garniert mit frischen Gurkenscheiben, soll der „Gentlement-Drink“ einen ganz besonderen Gaumenkitzel bieten. Alles in allem, bot man ein gutes Beispiel für durchdachtes Produktdesign, angefangen vom Label, über die Flasche, Verpackung, Darreichung bis hin zur Präsentation. Natürlich lehnten wir das Angebot dankend ab, galt es doch noch mehr Gesprächspartner zu finden.

Mit Stil und Charme präsentiert: Hendricks

Die Design Hochschule Anhalt aus Dessau war mit einer ganzen Gruppe an Studenten/-innen der verschiedensten Semester angereist. Ebenso unterschiedlich wie die jungen Designer waren auch deren Arbeiten, welche stimmigerweise sogar an und auf neu interpretierten Messeständen gezeigt wurden. Besonders gut gefiel uns „Heimweh und Fernweh“ von Vanessa Queck. Die Idee der Emotionskarten und deren Ausführung als lasergravierte, großformatige Landkarten waren ungewöhnlich und luden zur Entdeckungsreise ein. Leider konnten wir nicht mit der Künstlerin selbst sprechen. Stattdessen plauderten wir mit ihren angenehm auskunftsfreudigen Kommilitonen über die ausgestellten Abschlussarbeiten und das Studium in Dessau. Wenn man sich wie gerade jetzt aus Recherchegründen näher mit seinen Gesprächspartnern beschäftigt, wird schnell klar, welch tolle Talente (ein Beispiel gibt es hier) in Dessau geformt werden. Die Hochschule selbst bietet ein einzigartiges Konzept: Bachelor Integriertes Design vereint 2D (visuelle Kommunikation), 3D (Produktdesign) und 4D (zeitbasierte Medien), wobei nach einer breiten Grundlagenausbildung und einer Orientierungsphase Schwerpunktwissen, Praktika und Auslandserfahrungen ins Studium einfließen. Davon, wie gut diese Kombination funktioniert, konnten sich alle Messebesucher selbst überzeugen.

"Heimweh" von Vanessa Queck"Fernweh" von "Heimweh" von Vanessa QueckVisualisierung Deutscher Rüstungsexporte - ein politsch brisantes Thema für eine BachelorarbeitDas Messe-Team der Design Hochschule Anhalt

Auch andere Hochschulen präsentierten sich auf der DO. Innenarchitekturstudenten der Kunsthochschule Burg Giebichenstein zeigten ihre Interpretationen von modernen Regalsystemen, wobei ein jedes Werk mit einem anderen Fokus erstellt wurde. Victor Reichert bspw. hatte sich dem Leichtbau verschrieben und landete nach einer Reihe von Experimenten mit Aluminium und Holz schließlich bei Wellpappe. So war jeder Schaffens- auch gleichzeitig ein Lernprozess, umso mehr, als die Studenten den kompletten Werdegang zu beachten hatten: Idee, Konzeption, Umsetzung, Präsentation. Man lernte unterschiedlichste Materialien und deren Zusammenspiel + Wirkung kennen und selbst finanzielle Aspekte werden berücksichtigt. Ein guter Ansatz, sorgt man doch so in Halle dafür, dass Absolventen keine reinen Theoretiker sind.

Stylische ModeideenIndustriedesign, 3D-gedruckt"Schmuckerli" von Ruben LagiesMöbeldesign der Kunststudenten "Burg Giebichenstein", Halle"Leichtbauexperimente" von Victor Reichert

3D Druck ist gerade für Designer in wachsendem Maße ein Thema. Gelungene Beispiele finden sich Bereichsübergreifend, u.a. beim Engeneering Design, wo der komplette 3D-gedruckte Body eines Akkuschraubers, gezeigt wurde. Die Firma Rapidobject aus Leipzig war daher ein stark frequentierter Anlaufpunkt. Zu sehen gab es allerlei Gedrucktes, in den unterschiedlichsten Materialien, Farben und Formen. Der Dienstleister bietet dabei im Grunde die komplette Bandbreite von Schulung, Beratung, Visualisierung, Druck, Scan, eben alles, was wir im Frühjahr auf der FABCON dezentral geboten bekamen. Alles Ausgestellte ließ sich in Ruhe begutachten und wir fachsimpelten eine ganze Weile mit den jungen Leipziger Experten. Wie groß das Interesse an 3D Druck wirklich war, zeigt die Nachlese des Ausstellers.

Filigraner 3D BlumendruckNett und kompetent: das Rapidobject-MesseteamSchachtürmchen mit Innenwendeltreppe

Eher handwerklich ging es auf der Fläche des Staatlichen BSZ Selb zu. Nathalie Horn und Frauke Hund gewährten einen Liveeinblick in ihre Ausbildung zur Produktdesignerin anhand des Claymodellings. Dabei wird mithilfe von nicht aushärtender Modelliermasse der „greifbare“ Prototyp eines zuvor am PC konzipierten Designs umgesetzt. Mit viel Fingerspitzengefühl und dem richtigen Feeling für elegante Linienführung entstehen so auf einem Unterbau aus Schaumstoff, bis ins kleinste Detail ausgeführte Modelle, bevorzugt von Automobilen, Booten, Flugobjekten usw. Vor Ort konnte man auch ein bereits fertiggestelltes futuristisch anmutendes Fahrzeug bewundern, erstellt für das Volkswagen Design Center in Potsdam. In kleinen Lerngruppen, welche von erfahrenen Fachpädagogen unterrichtet werden, vermittelt man u.a. Gestaltungstechnik, Grafikdesign, Zeichnen& Malen, CAD, Kunst- und Designgeschichte. Das hohe Niveau der Schule wird deutlich, wenn man weiß, dass es regelmäßig gemeinsame Projekte mit namhaften Herstellern gibt, welche teilweise sogar Ihre eigene Designabteilung zu Schulungen nach Selb schicken. Wen als Euch also in diese Bildungsrichtung zieht, auf nach Selb.

Live-ClaymodellingProduktdesign aus SelbStaatlich geprüfte Produktassistentinen und Ihr Fachoberlehrer

Eher ungeplant tangierten wir auf der letzten Runde des Tages die Manufaktur Mobama. Für uns und aufmerksame Leser des Blogs keine Unbekannten, präsentierten sich die beiden Enthusiasten mit frischem hellem Möbeldesign auf der DO. Auch hier gab es ein neues modulares Regalsystem zu sehen, scheint fast so, als gäbe es bei dieser Art Möbelstück besonders viel Entwicklungspotential. Gleich nebenan fand man Holzkunst von Reinhard Berkes, angesiedelt zwischen überraschend und funktionell.

Mödbeldesign aus Sachsen: MobamaHolzkunst von Reinhard Berkes

Zwischen all den vielen Modedesignern, klassischen Taschen und Hüten, stach ein kleiner Eckstand besonders hervor. Das Besondere am Gezeigten war nicht, was man erwerben konnte, handelte es sich doch ebenfalls um Taschen aller Art, sondern, woraus diese bestanden. Der Markenname transFORMATE deutet es ja bereits an: Luzia Gossmann hat sich dem Recycling>Design zugewandt und lässt aus vermeintlichem „Abfall“ auf kreativem Wege etwas Neues entstehen. Dabei arbeitet sie mit alten Zeitungen aus aller Welt, welche in Streifen geschnitten und zu neuen Objekten verflochten werden. Die Etuis, Schachteln, Hüllen, Kissen, Matten und natürlich Taschen sind somit allesamt Handarbeit und Unikate. Je nach Art und Herkunftsland des Zeitungspapiers erhält man mehr oder weniger bunte, bis hin zu exotischen Ergebnissen. Für Stabilität sorgt die vierfache Faltung+ Flechttechnik, für Beständigkeit eine dünne abrieb- und wasserfeste Beschichtung. Für uns war die Idee neu und wir hoffen, transFORMATE bald des Öfteren im Alltag anzutreffen.

transFORAMTE ala Luzia GossmannRecycling>DesignCool, chic, praktisch: FEDDZ Elektrobike

Fazit: Die Designers Open waren auch in ihrem 10. Jahr einen Besuch wert und eine abwechslungsreiche, oftmals überraschenden Schau der Kreativität. Wir fühlten uns gut unterhalten und nahmen neben vielen Fotos, Interviews und Eindrücken auch etliche Anregungen mit. Leider mussten wir dank eines straff verplanten Wochenendes den Besuch der DO/Spots ausfallen lassen. 2015 heißt es dann wieder: neues Jahr, neue DO.


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