Wege zur Bildung – Eine Kita begegnet den Künsten

7. März 2012, 09:22 Uhr,

EMP für Vorschulkinder. Musikschule „Clara Schumann“ und Kita „Musikus“ und Ihr einzigartiges Projekt.


Wege zur Bildung – Eine Kita begegnet den Künsten

Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, immer wieder über neue, innovative und interessante Wege zur Bildung zu berichten. Nicht selten gibt es tolle Ideen, die nur zu wenig publik gemacht werden. Ich empfinde es als sehr wichtig, Projekte zu unterstützen, die der Bildung und Entwicklung der Kinder zu Gute kommen. Aus dem Kontakt mit den Rahn-Schulen ergab sich für mich die Gelegenheit zu intensiven Gesprächen mit Schulleiterinnen und Verantwortlichen. Ein Projekt, Vorschulkinder betreffend, hat mich besonders neugierig gemacht. Den heutigen Artikel möchte ich dazu nutzen, Euch „Eine Kita begegnet den Künsten“ vorzustellen und Eure Neugier zu wecken.

Die Idee

Klein- und Vorschulkinder sind in einem Alter, indem Sinneswahrnehmen die größte Rolle spielen. Sie lernen und entwickeln sich vor allem durch Bewegung, durch hören, sehen, tasten. Konzentriertes Lernen kann, bedingt durch die nicht abgeschlossene Entwicklung und sich erst langsam herausbildende kognitive Fähigkeiten, noch nicht auf gleiche Art wie bei Erwachsenen stattfinden. Daher sind diese Kinder besonders empfänglich, wenn Ihre natürlichen Reizwahrnehmungen angesprochen werden, wenn mit Ihnen gesungen, gespielt, getanzt wird, wenn wie selbstverständlich Instrumente einen Platz im Alltag der Kita finden. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass Musik die Intelligenzentwicklung deutlich fördert und sowohl Fein- als auch Grobmotorik sehr stark von Tanz- und Bewegungsspielen profitieren können.

Leider findet sich bei der heutigen Ausbildung von Erzieherinnen zu wenig Raum, um diesen zu erlauben, im Sinne der EMP (Elementare Musik- und Tanzpädagogik) perfekt auf die Kinder einzuwirken. Auch die relativ straffen Abläufe während der Tagesbetreuung gestatten es selten, zusätzliche Elemente ohne Hilfe, Anleitung oder Unterstützung zu integrieren.

Statt nur dem bisherigen, ohnehin schon hohen, „Standard“ der Kindererziehung weiter zu folgen, wäre es sicher interessant etwas Neues zu probieren und EMP direkt in die Kita zu bringen. Leiterinnen, Pädagoginnen, Erzieherinnen, Musikerinnen, Tänzerinnen, Sängerinnen, Eltern und Kinder, die gemeinsam und jeder auf Seine/ Ihre Weise den Künsten begegnen würden.

Kann das funktionieren?

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Das Projekt

Da diese Idee auf Begeisterung stieß, bildete man schnell eine Projektgruppe und machte erste Eckpunkte fest. Sabine Lucks, als Leiterin der Kindertagesstätte „Musikus“ und Sibylle Nowak, die Leiterin der Musik- und Kunstschule „Clara Schumann“ waren natürlich von Beginn an Teil des Gremiums, zu denen sich die erfahrenen Beraterinnen, Dozentinnen und Professorinnen Dr. Regina Pauls (Universität Mozarteum Salzburg) und Johanna Metz (Leipziger Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“) gesellten. Im Verlauf der nächsten Monate und Jahre wuchsen Fach- und Konzeptgruppen, erweitert um Erzieherinnen und Musik- & Tanzpädagogen.

Schließlich wurde das Projekt: „Elementare Musik- und Tanzpädagogik und Ihre Umsetzung an Kindertageseinrichtungen“ als Pilotversuch an der Kita „Musikus“ vom 01. September 2009 bis 31. August 2011 durchgeführt. Glücklicherweise erkannte man die Bedeutung und Einzigartigkeit des Projektes auch im Sächsischen Staatsministerium für Kultus und Sport an, und förderte diesen Zeitraum mit Landesmitteln (in Zusammenarbeit dem Kommunalen Zentralverband Sachsen). Damit konnten sich alle Beteiligten ohne Finanzdruck mit der Umsetzung beschäftigen. Während der letzten Monate begleitete ein Kamerateam unaufdringlich, ließ alle Seiten zu Wort kommen, und zeigte, wie viel Vergnügen es den Kindern bereitete.

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Die Umsetzung

24 Monate lang arbeiteten die EMP- Pädagogen, unter der Führung von Katrin Filipic (Tanzpädagogin) und Vivian Hanner-Peter (Sängerin und Musikpädagogin) in allen Gruppen der Kita mit den Kindern. Dabei wurden sowohl Gruppenspiele durchgeführt, als auch Einzelförderung geboten. Viele Dinge ließen sich direkt in den Tagesablauf integrieren, bei intensiverer Motto-arbeit zeigte es sich aber schnell, dass kleinere, manchmal nach Jungs und Mädchen getrennte, Gruppen sinnvoller zu führen, begleiten, motivieren waren.

Für jeweils mehrere Wochen (4-6) stand die Arbeit unter einem Thema wie z.B. Mittelalter. Die Jungen durchlebten dann eine Knappenausbildung, die Mädchen wurden zu Burgfräulein und Hausherrin. Passend dazu studierte man Tänze und Gesänge ein, bastelte, verkleidete, übte aber auch mit den Kindern Gruppenverhalten und soziale Kompetenzen.

Es war erstaunlich und mit Freude anzusehen, wie sehr sich die Kleinen dabei anstrengten, wie begeistert Sie mitmachten, wie oft Sie eigene gute Ideen hatten. Stärker als sonst fühlten Sie sich verstanden, wahrgenommen, erkannt und anerkannt.

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Eltern wurden von Beginn an in den Prozess eingebunden und auch über behandelte Themen informiert. Kinder erzählen ja bekanntlich zu Hause nicht alles oder „nur“ aus eigener kindlicher Sichtweise. Durch den engen Kontakt zu den Pädagogen erfuhren Mama und Papa deutlich mehr, erlebten das Gruppenverhalten Ihres Kindes und schauten oft erstaunt auf dessen wachsende soziale Fähigkeiten. Bei gemeinsamen Spielrunden und Vorführungen entdeckten viele plötzlich wieder das Kind in sich und sangen ebenso lauthals und mit strahlenden Augen Kinderlieder oder machten Gruppentänze.

Auch für die EMP-Pädagogen eröffneten sich neue Horizonte. Eingebunden zu sein in den ganz normalen Kita-Betrieb, Ihre Schützlinge nicht nur zu bestimmten Stunden, sondern fast rund um die Uhr zu erleben, das war für alle etwas Neues.

So läuteten u.a. statt einer „Gute Nacht“- Geschichte sanfte Musik oder leiser Gesang die Ruhephasen ein. Gerade nach den aufregenden und intensiven Unterrichts- und Beschäftigungseinheiten ist es sehr wichtig solche Phasen einzubauen. Ein Kind muss lernen, wie es mit Ruhe umgeht, wie schön auch Sinnespausen sein können.

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Musikpädagogen beobachteten die Kinder während des Tages und in Gruppensituationen und bauten die Erkenntnisse in Ihre Arbeit mit ein. So entstand ein intensives Geben und Nehmen, Lehren und Lernen zwischen den Erwachsenen und Kindern.

Die Erzieherinnen hingegen lernten den Umgang mit Instrumenten, wie und wann Sie diese nutzen sollten, mehr Singen und Tanzen einzubinden, oder neue Seiten an Ihren Kleinen zu entdecken, bzw. zu erwecken. Neben externen Schulen wurden die Erzieher auch regelmäßig jeden Monat berufsbegleitend auf gemeinsamen Treffen fortgebildet. Percussion- und Bodypercussion-training und konnten das Rhythmus-gefühl deutlich verbessern. Für besondere Maßnahmen und Spiele setzten die Musiker und Künstler auf individuelle Instrumentenschulung, Einzelgespräche, Stimm- und Atemübungen.

Statt strenger Richtlinien und „zementierter“ Abläufe, passten kleinere Arbeitsgruppen das Projekt ständig an, hielten es im Fluss, hinterfragten und orientierten sich an den Fortschritten der Kinder.

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Die Ergebnisse

Will man das Projekt in einem Wort bewerten, so kann man ohne falsche Scheu sagen: Gelungen!

Kinder zeigen immer direkt und deutlich, ob und was Ihnen gefällt. Doch wie Erzieherinnen und Eltern bestätigten, war Ihnen nicht nur die Freude an der künstlerischen Beschäftigung und Erziehung anzumerken, sondern es zeigten sich auch deutliche Fortschritte in der kindlichen Entwicklung.

Die Erzieherinnen haben gleichermaßen von dem Projekt profitiert. Von Monat zu Monat wurden Sie bei Spiel, Musik & Bewegung besser, sicherer, selbstständiger. Das Ziel genug mitzunehmen, um die Arbeit der Musikpädagogen später kompetent fortführen zu können, wurde erreicht.

Auch die Mitarbeiterinnen in den Gremien konnten ein Fazit ziehen. Zum einen „fraß“ das Pilotmodell sehr viel Zeit und Engagement. Zum anderen galt es Strukturen um- und Räume freizustellen, Instrumente, Musiker, Pädagogen zu buchen & einzubinden. Im Projekt konnte man den Idealfall nutzen, EMP komplett integrieren, Erzieher die mitten im Prozess waren, statt (manchmal) nur dabei. Doch natürlich kosten diese Möglichkeiten Geld, und Einrichtungen wie die Kita „Musikus“, müssen sich über die Finanzierbarkeit im Klaren sein.

Die Zukunft

Der Geldgeber, das Sächsische Staatsministerium für Kultus und Sport, wertete die 2 Jahre ebenso als Erfolg. In der Fortsetzung wird es um die Integration der gelegten Grundlagen in alle Bereiche des sachsenweiten Bildungsplanes gehen und die gemeinsame Arbeit von Erzieherinnen und EMP- Spezialisten auch in anderen Einrichtungen bundeslandweit.

Mit den erlangten Erfahrungen sieht sich die Musikschule „Clara Schumann“ in Zusammenarbeit mit der Kita „Musikus“ in der Lage, Erzieher anderer Einrichten, im Sinne des Projektes und der Integration von EMP in die Erziehungsarbeit, weiterzubilden. Erzieherinnen können sowohl in den Räumlichkeiten der Rahn- Schulen, als auch berufsbegleitend in der eigenen  Einrichtung geschult werden. Dabei ist die Einbindung einer oder mehrerer Musik- und Kunstpädagogen sinnvoll und möglich.

Interessierte Kita-Leiterinnen und Erzieher sollten die Möglichkeit zu einem persönlichen Gespräch nutzen, welches sicherlich alle Fragen, nach dem Wie klären kann. Über Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten beraten Sie die Mitarbeiter der Rahn Dittrich Group ebenfalls gern.

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Abschließend

Ich war und bin überrascht über den Enthusiasmus, über das „Dahinterstehen“, welches alle Beteiligten gleichermaßen auszeichnet. Man merkt deutlich, das Konzept wurde angenommen, mit Fachkenntnis und Freude umgesetzt und motiviert auch im „Nachgang“ noch, weiter nach den gewonnenen Erkenntnissen zu verfahren. Deshalb und weil ich vor allen den Kindern Ihren Spaß beim kombinierten Musizieren& Lernen ansehen konnte, bin ich selbst ein Fan des Projektes geworden.

Es wäre wünschenswert, wenn diese Bildungsinhalte in einigen Jahren ganz selbstverständlich zum Angebot einer jeden Kita gehören und allen Vorschulkindern zu Gute kommen können.

Die Rahn-Schulen haben den ersten Schritt gemacht, machen Sie den zweiten.


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