Lernmethodik – lesen lernen 2.0 ?

25. Juli 2011, 07:45 Uhr,

Neuer Ansatz in der Schulbildung; lesen lernen via Silbenmethodik. Was das ist lesen Sie bei uns.


Folgenden Text erhielt ich von einer guten Bekannten. Auch wenn es sich diesmal um Bildung im frühen Schulalter handelt, finde ich es interessant, dass Step by Step neue Methodiken auch in den Grundschulen ausprobiert werden. Aber lesen Sie selbst, um was es genau geht.

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Vor fast 2 Jahren hatte mein Sohn seinen ersten Schultag.
Elternabend Nr.1 lies auch nicht lange auf sich warten. Nach den allgemeinen Hinweisen zum Schulalltag, den internen Abläufen, Lehrplänen usw., wurden wir auch über die im Deutschunterricht angewandte Silbenmethode informiert.

Silbenmethode?

Ich konnte mir nichts darunter vorstellen und war doch etwas verunsichert, als die Klassenlehrerin mitteilte, dass wir als erster Jahrgang der Schule mittels dieser Methode unterrichtet werden.
Den Kinder soll damit leichter und schneller ein besseres Lesen und Schreiben beigebracht werden.
So könnten Sie ohne Schwierigkeiten bisher unbekannte Wörter sinnverstehend durch die richtige Betonung der Silben lesen und schreiben.

Vielleicht könnt Ihr Euch noch an die Fibel von früher erinnern?
Standen dort nicht so kleine Sätze wie: „Mia sei leise“ oder „Lisa male Susi“? Nichts in dieser Art stand in der Fibel meines Kindes. Wir lasen auf den ersten Seiten nur „mu, mi, mo, me, la, lu, li, Mo, mo, Ma ma, To ma te, we, wi, su“ usw. Etwas weiter hinten im Buch waren die Worten in die Farben blau und rot untergliedert um Sprechsilben anzuzeigen.

Nun bin ich neuen Dingen gegenüber durchaus aufgeschlossen, eine gesunde Skepsis aber blieb. Das erste Schulhalbjahr verging und mein Kind las wirklich nur die Silben, welche in der Fibel standen. Im zweiten Halbjahr wurden daraus langsam Wörter „ Timo, Susi, male, Mama“…

Gewöhnungsbedürftig und -ehrlicherweise zugegeben- teilweise nervig war für uns, dass Silben und Wörter auch noch in den beiden Farben blau und rot geschrieben wurden. Ständig mussten 2 Füllfederhalter in der Federmappe mitgeführt werden.
Stellt auch mal das Wort Tomate vor. Dieses Wort zu schreiben bedeutete für mein Kind , 3 Silben, davon eine in blauer Schrift für To, eine in roter Schrift für ma und wieder der blaue Stift für die Silbe te.

To ma te.

Da wur de ei nem schon beim Hin schau en schwin de lig (beispielgebend mal nach Silbenmethodik geschrieben).
Mein Kind störte das alles nicht, es hatte es ja nie anders kennengelernt.
Doch ich fragte mich immer wieder, wird das wirklich hilfreich sein, mein Kind jemals lesen lernen? Erst später wurde uns erklärt, dass als positiver Effekt der ständigen Stiftwechselei, die Feinmotorik stärker trainiert wird und keine Verkrampfungen beim Schreiben auftreten.

Zur Auflockerung wurden im Unterricht (und natürlich auch daheim) Wörter geklatscht, um die Anzahl der Silben heraus zu finden. Da wurde schon mal während Schreibübunge oder Diktaten der Stift zum Silbenklatschen aus der Hand gelegt, damit klar wurde, wann der blaue, wann der rote Stift in Aktion treten musste.

Im Verlauf des 1. Jahres lernte ich mit meinem Sohn alles über Klatschmethoden, „Häusschenschreibung“, „Betonte“ und „Unbetonte“, „Starter“, „Klinger“ und „Stopper“.

Mittlerweile liegen bereits 2 Schuljahre hinter meinem Kind und ich bin von der neuen Lehrmethode positiv überrascht. Wir lesen viele, viele Bücher und ich bin ständig damit beschäftigt Nachschub zu besorgen.
Wie praktisch, dass man heutzutage über bekannte Aktionsplattformen wirklich günstig an Kinderbücher kommt.

Ob das gute und viele Lesen und großes Interesse meines Sohnes evtl. auch darin seinen Ursprung hat, dass wir bereits frühzeitig mit abendlichen Gutenachtgeschichten begonnen haben kann ich nicht einschätzen. Aber ich glaube mit dem frühzeitigen Kontakt zur Literatur und der schulischen Silbenmethodik ist eine gute Mischung gelungen.

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Da mein Sohn im gleichen Alter ist, kann ich gute Vergleiche ziehen.
Bei uns kam das klassische „ABC“ lernen zum Einsatz. Daheim habe ich viel vorgelesen, erklärt und stets versucht seinen Wissensdurst nicht zu stillen, sondern eher anzuregen.
Jetzt liest er mir eine Gutenachtgeschichte aus einem der vielen Lieblingsbücher vor.
Jüngst wurde er Lesekönig in seiner Klassenstufe und ist mächtig stolz darauf.

Die Methodik allein scheint also nicht zum guten Lesen+ Schreiben zu verhelfen.
Die Ansätze klingen dennoch nicht verkehrt, und Stifte+Füller zu wechseln, damit die Kinderhände entspannt schreiben können, halte ich aber für eine gute Idee.
Man wird sicher erst nach einigen Jahren und entsprechenden Vergleichen/ Statistiken echte Erkenntnisse aus der Anwendung der Silben- und anderer neuer Lernmethodik ziehen können.
Aber wer weiß, evtl. klatschen in einigen Jahren alle Kinder To ma te..?


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