Der Schulanfang steht bevor

1. September 2014, 10:12 Uhr,

Alle Jahre wieder ist es zum Herbstanfang soweit. Die Schulanfänger betreten zum ersten Mal das Neuland Klassenzimmer. Ein Ort, der sie die nächsten 9 – 12 Jahre stets vereinnahmen wird. Es ist ein Meilenstein im Leben eines Kindes. Und in dem von Mama und Papa vielleicht auch…


Der Schulanfang steht bevor

Der Schulanfang. Bei uns ist es am 06.09.2014 soweit. Unser ältester Sohn kommt in die Schule. Da macht man sich als Eltern immer viel Gedanken…

Der Schulanfang und die Umstellung

Wie wird unser Kind die Umstellung verarbeiten? Das fragen Sie sich sicher alle Eltern der neuen Schulanfänger oder „ABC-Schützen“, auch wenn man diesen Begriff so kaum noch verwendet. Manche von Ihnen haben es bereits erlebt und belächeln unsere Gedanken. Aber wer mittendrinsteckt kann bestimmt mitfühlen.

  • Wie wird er mit der Lehrerin klarkommen?
  • Schafft er es für eine ganze Schulstunde stillzusitzen?
  • Wie wird er in die Klassengemeinschaft integriert?
  • Was passiert auf dem Schulweg oder in den Pausen?
  • Ob das mit den Hausaufgaben auch wirklich klappt?

Das sind nur ein paar von den Fragen, die sich meine Frau und ich zuletzt immer wieder gestellt haben. Ein Rückblick in die eigene Zeit kann da manchmal beruhigen. Immerhin hat man es selbst ja auch irgendwie hinbekommen… Aber war das nicht eine ganz andere Zeit?

Typische Austattung eines Klassenzimmers in der DDR - via https://www.flickr.com/photos/gynti/

Es hat sich einiges verändert

Wenn man sich mit seinen Gedanken um den Schulanfang seines Kindes herumquält, beginnt man zwangsläufig sich irgendwann auch mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Man vergleicht. Sicherlich gibt es einige Dinge, die sich nie verändern. Einer mimt immer den Clown der Klasse, irgendein Mädchen heult bei jedem Test, ein paar Jungs hat die Lehrerin besonders auf dem Kicker… aber im großen und ganzen findet sich eine Klasse stets zusammen. Sie wird eine Einheit, ein Team. Die Utensilien hat man ebenfalls alle besorgt. Dafür gab es genaue Vorgaben der Lehrerin. Das war so und ist heute noch so. Auf dem Schulweg wird gebummelt oder gehänselt. Auch daran hat sich und wird sich nicht so viel ändern. Es ist vielmehr das Ausmaß, das drastischen Änderungen unterlegen ist. Während wir uns viel mit Playmobil und Lego beschäftigten und mal die Sendung mit der Maus im Fernsehen sahen, spielen die Vorschulkinder von Heute bereits Nintendo Wii und sehen sich Star Wars Klone Wars im Internet-TV an. Die Eindrücke, die dabei hängenbleiben prägen die kleinen Individuen. Alles, vom Hänseln bis zur Kraftprobe, hat an Intensität und Brutalität zugelegt. Das ist es z.B. was uns Kopfzerbrechen bereitet. Selbst wenn wir selbst keine Konsole haben und unser Sohn, wenn überhaupt, nur KIKA sieht, prallt er zum Schulanfang auf Mitschüler eines ganz anderen Kalibers.

Alles wurde schneller und intensiver

Es sind aber nicht nur die Mitschüler, um die man sich Gedanken macht. Irgendwie wurde alles schneller. Die Autos, die Busse, die Züge und sogar die Radfahrer. Die Umwelt wirkt heute deutlich gefährlicher als zu unserer Zeit. Aber kennen wir dieses Gedankengut nicht schon von unseren Eltern? War in ihren Augen nicht auch alles viel ungefährlicher, damals zu „ihrer“ Zeit? Wir kamen als Kinder allerdings bestens damit klar. Das sollten wir nicht vergessen! Unsere Kinder wachsen in die heutige Zeit hinein. Sie kennen die Welt nur so, wie sie jetzt ist. Für sie gibt es keine „größeren“ Gefahren oder „schnelleren“ Autos. Die Welt ist für sie, wie sie jetzt ist und sie finden das gut so. Allerdings wurde auch das Niveau bereits zum Schulanfang ordentlich angezogen. Überfordert man damit heute nicht die Kinder? Man müsste sich jedoch auch fragen, ob unsere Kinder nicht mit allem heute überfordert werden?

So viel mehr Angebot

  • Spielzeugangebot
  • Ernährungsangebot
  • Fernsehangebot
  • Sportangebot
  • Frühlernangebot

Die Liste ließe sich noch deutlich erweitern. Wenn wir uns also fragen, ob das Lernangebot der Schule unsere Kinder heute nicht zu sehr überfordert, ist das eine sehr kurzsichtige Frage. Denn eigentlich müssten sie, im Gegensatz zu uns, vor lauter Überangebot bereits vor dem Schulanfang mit dem kompletten kindlichen Lebensalltag überfordert sein. Das kann ich bei unserem Sohn beim besten Willen nicht erkennen. Während ich mir hier also die Seele vom Leibe schreibe, sinken in mir tatsächlich die Sorgen und irgendwie wächst die Zuversicht in die Fähigkeit unserer Kinder, in einer Welt aufzuwachsen, für die man uns in absehbarer Zeit als „zu alt“ ansehen wird. Bei allem, was unser Sohn schon vor seinem Schulanfang verarbeitet oder gemeistert hat, scheint doch das erste Jahr in einem neuen Umfeld nur ein weiterer kleiner Schritt durch ein tolles Leben mit besserer Technologie, mehr Frieden (zumindest in unserem Lebensraum) und vielen Dingen, auf die man sich freuen kann.

Ist mehr Technologie auch wirklich gut?

Der Schulanfang und die Hausaufgaben – via https://www.flickr.com/photos/depone/

Damit komme ich schon zu meinen letzten Fragen.

  • Wie wird sich die zunehmende Technologielastigkeit des Unterrichts auf unseren Sohn auswirken?
  • Wird sie das überhaupt?
  • Machen wir zukünftig die Hausaufgaben online?
  • Wird es in absehbarer Zeit virtuellen Unterricht geben?

Natürlich sind diese Fragen etwas weiter hergeholt. Darum habe ich sie auch ans Ende des Beitrags gestellt. Es sind aber Fragen, die auf alle Fälle zeitgemäß sind. Denn den Fortschritt werden wir definitiv nicht aufhalten können. Erhält nicht jedes Kind heute zum Schulanfang ein Handy (wenn nicht schon vorher). Aber das muss dann schon ein „Smartphone mit Touchscreen“ sein. Denn ich beobachtete zuletzt unseren kleineren Sohn (2 Jahre) wie er auf dem Festnetztelefon zu „wischen“ begann und mich verdutzt ansah, als nichts passierte. Der Fortschritt macht natürlich auch vor dem Klassenzimmer nicht halt. Da mache ich mir wieder Sorgen. Wie gut ist es gesundheitlich, wenn in der Grundschule schon auf Pads gelesen wird, anstatt in Büchern. Ich bin mir auch nicht sicher, wie digital ein Grundschulklassenzimmer sein muss. Muss es das überhaut? Andererseits sind das Entwicklungen, die wir Eltern weder beeinflußen noch ändern können. Man muss sie einfach annehmen.

Wir Eltern müssen lernen in dieser Welt adequat zu leben

Wir Eltern müssen viel mehr lernen, mit all den neuen Medien und Technologien vernünftig und vorbildlich umzugehen. Wenn das Klassenzimmer bereits digital ist und die Hausaufgaben teilweise online gemacht werden, müssen Mama und Papa Vorbild sein, den Computer abends wirklich ausschalten, ihre Handys unerreichbar und lautlos weglegen und den Fernseher auch zur Sandmannzeit mal auslassen. Wir müssen lernen, das Leben der Familie am Abend auch mal zu entschleunigen, zu viert ein Brettspiel zu spielen oder nach dem Abendessen noch etwas länger sitzenzubleiben und gemeinsam den Tag Revue passieren lassen. Das klingt jetzt vielleicht banal, aber es ist ein wichtiger Auftrag für uns, um das Leben unserer Kinder zu verbessern. Bei all den virtuellen Klassenzimmern, online Computerspiel-Angeboten und der mobilen Alltagsbefangenheit braucht die Familie von heute tägliche digitale Auszeiten. Die müssen wir uns alle zum Wohl unserer Kinder nehmen. Dann klappt es auch weiterhin bei zukünftigen Generationen mit dem Schulanfang…

Euer sorgsamer Schulanfänger-Vater, Manuel Hiemer


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